Hausprospekte - kaum zu glauben

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Wissen über Grundlagen hat eine Weile seinen Wert. Mit Wissen über konkrete Produkte verhält es sich anders - Märkte sind in Bewegung, zudem haben einige Haushersteller aufgegeben, fusioniert oder die Eigentümer gewechselt. Paradigmenwechsel - aktuell ist ja "Energiesparen" das goldenste Kalb von allen - sortieren die Konstellationen von Massiv- und Holztafelbauern zueinander neu. Im Siebener Jahr war es also an der Zeit, daß ich mir für das erste Mal in diesem Jahrzehnt mal wieder einen Marktquerschnittsüberblick verschaffe.

Dabei habe ich mich nicht allein auf Namen verlassen, die mir noch aus früheren Jahren geläufig waren, sondern auch Portale einbezogen, die mir Prospekte von mehreren Anbietern auf einen Schlag versprechen. Massiv- und Holztafelbauer so bunt man mag gemischt. Wer so eine Reise tut, der kann etwas erleben. Der Höhepunkt kam heute, aber dazu später.

Ich habe den Markt aus den Augenwinkeln latent eigentlich immer beobachtet, insofern war mir bekannt, daß ich vieles von „früher“ vergessen kann, was „Firmen“ (Marken / Namen) und das was für sie „typisch“ ist angeht: Namen mit „Klang“ (also Markenwert allein als Name) wie Bugatti oder Grundig haben teilweise so grundlegend den Besitzer gewechselt, daß außer ihrem Bekanntheitsgrad kein Stein mehr auf dem anderen geblieben ist, jedenfalls bei den Fertighausbauern. Aber da die Trend-Suite Passivhaus / Energieeinsparverordnung / KfW die Modellpaletten runderneuert hat, mußte ich nun doch mal wieder ein „großes Blutbild“ des Marktes anlegen.

Ein Großteil der Anbieter schafft es innerhalb vier bis fünf Werktagen, im Mittel so etwa 20 Seiten starke Informationsbroschüren zu versenden. Etwas mehr als ein Viertel der Anbieter wird von den eigenen Hinterrädern überholt: ihre Infomappen-Versandlogistik braucht einige Tage länger als das Drängeln des zuständigen Gebietsverkäufers per E-Mail, wann er denn endlich seine Sprüchlein abspulen dürfe. Lustig sind die Prospekte der Massivbauer – bei vielen komme ich mir vor wie beim „Chinesen“ oder „Italiener“: bestimmte Vorschläge haben sie irgendwie alle in ihrer Speisekarte, nur jeder mit einer anderen Nummer. „Ente süß-sauer“ und „Pizza Salami“ gibt es überall. Auch die Computerzeichnungen mit den glücklichen Baufamilien sehen alle gleich aus, und siehe da, die Bilder-Inverssuche beweist es: man findet ihre „Bauvorschläge“ bei einem der bekannten Porenbeton-Hersteller „wieder“. Nur eben manchmal nicht aus Porenbeton (oder sonstwie monolithisch) sondern als „Verbundsystem“ gebaut. Lasagne gibt es ja auch vegan.

Besonders peinlich dabei: die Referenzbildergalerien derselben Anbieter auf ihren Websites zeigen sogar eine breitere Palette (an Kundenhäusern), die allesamt viel besser als Bauvorschläge getaugt hätten. Und typischerweise gibt sich keiner als Lizenznehmer von Fremdentwürfen zu erkennen, obwohl man doch eigentlich wissen müßte, daß das den Kunden bei seinem Sharan / Galaxy / Alhambra gar nicht stört.

Ansonsten unterscheidet sich das Feld überwiegend in die drei Vorgehensweisen, die Informationen einmal als einteiligen Prospekt zu schicken, und zweigleisig einmal als Bildchen-Prospekt für Alle und mit technischen Informationen als Sättigungsbeilage; und als dritte Variante zwar Bildchen und Technik kombiniert, aber dann nach Produktlinien in Einzelprospekte aufgeteilt. Die Mehrheit hat sich in allen drei Fällen für eine zügige Zustellung ihrer Informationen in handlichem Umfang entschieden. Viele bieten dann auch einen dickeren Prospekt zusätzlich an, aber die Erstinformationspakete lassen schon recht gut erkennen, von wem man den gar nicht mehr will.

Diese kleinen Prospekte gehören inzwischen fast zur Familie, haben ihren festen Platz auf dem Couchtisch. Der Nachzügler kam heute, „lang ersehnt, heiß erfleht“ (höre ich Dalida singen) satte sechs Wochen später. Das Schnaufen des Postboten auf der letzten Stufe klärte sich rasch auf: Zwokommasieben Kilo wiegt das Buch, 364 Seiten. Was nun kommt, bringt mich zum Nachdenken über die Frage, ob das nun noch mißglückte Werbung sein soll, oder eben doch ganz einfach Realsatire. Denn auf zwokommasieben Kilo dreihundertvierundsechzig Seiten steht: n.i.c.h.t.s ! ! !

Also jetzt nicht wirklich nichts, obwohl: das wäre ja zumindest eine nette Idee gewesen, so ein dickes Notizbuch zum Vollkritzeln mit eigenen Ideen, und auf der letzten Seite hätte dann gestanden: angekommen – wir bauen Ihnen das !

Aber hier steht ein anderes „nichts“, das Buch ist inhaltlich gelinde gesagt kalorienarm. Obwohl es doch so schön dick ist, noch dicker ist nur sein prominenter Werbeträger. Gleich zu Beginn schwärmt der mir vor, selber ein zufriedener Bauherr zu sein. Wie ganz viele andere auch, inzwischen zigtausend. Dabei ging es der Firma doch mal ganz dolle schlecht, sie stand kurz vor der Schließung, dann kam der neue Chef und seitdem geht es aufwärts. Und vorwärts, ganz weit. Gedanklich ist man schon im 25. Jahrhundert, zumindest fehlt dazu nicht viel. Also, wenn ich will, dann kann ich mit denen ein ganzes Dorf bauen, mit anderen Familien zusammen. Voller Häuser der Zuzuzuzuzukunft, gedanklich hochmodern. Im Hinterhaus meiner Carsharing-Elektroauto-Ladestation wohne dann ich. Möglicherweise über meiner eigenen Arztpraxis. Ganz diskret könne ich mich dort hinschleichen, über ein extra Treppenhäuschen am Lieferanteneingang an der Seite. Und für die Oma wäre auch noch Platz. Na, wenigstens ein kleiner Trost.

Gelohnt hat sich das Blättern bis zum letzten Kapitel leider gar nicht, außer für einen echten Achtungserfolg: der Hersteller hat es doch tatsächlich zwokommasieben Kilo und dreihundertvierundsechszig Seiten lang geschafft, daß ich auf diesem langen Weg an keiner Information über solche piefigen Details wie Wandaufbau, wenigstens auszugsweise mal Leistungsbeschreibungen oder sonst etwas substantiellem vorbeigekommen wäre. Ein Dutzend Grundrisse sind in den Wälzer eingestreut, teils mit Quadratmeterangaben und sogar Kantenlängen der Außenwände stehen vereinzelt dabei.

Ich bin erschlagen – nur begeistert nicht, und erst recht nicht: informiert.

Den Werbeleute des Herstellers hat offenbar niemand gesagt, daß es da in der Verkaufspsychologie diesen tollen Effekt gibt, daß von mehreren in etwa gleichwertigen Produkten dasjenige den „Heimvorteil“ bekommt, welches als erstes zum Kunden durchgedrungen ist - und daß man da als letzter über die Ziellinie zu gehen (ibs. wenn das Rennen schon abgewunken ist, denn ein Sechstagerennen dient nicht dazu, daß der letzte des Startfeldes so lange Zeit für seine erste Runde hat) nicht mehr dadurch heilen kann, den fettesten Batzen Kohle an seine Katalogdruckerei zu überweisen.

Nach diesem Lehrbuchbeispiel eines turmhohen Rohrkrepierers muß ich nun einfach mal „rundfragen“: wie ist es Euch beim Stillen Eures Informationshungers ergangen, wie viele (oder wenige) Anbieter haben es geschafft, zumindest ungefähr eine gemeinsame Definition von „nützlichen, entscheidungsförderlichen Informationen“ mit Euch zu „treffen“, und in welche Richtung wurde am weitesten daran vorbeigeschossen, dem Informationsempfänger den Gang zum Briefkasten mit beantworteten Fragen zu lohnen ?
 
Nordlys

Nordlys

Den Anfang nahm es 2016 Ende März in Lübeck auf so einer sogenannten Immomeile der Lübecker Nachrichte. Das Reihenhaus war Gerade verkauft, ein Grundstück vorhanden, wir wohnten und wohnen zwischendurch zur Miete, aber die Hausplanung begann mit einem Anbieter aus Rostock, der dort ausstellte. Bungalow blaue Aster, die hatte es uns angetan. Prospekte gab es wenig, nur so eine Art Faltblatt vierseitig, dafür eine ausführliche Baubeschreibung in Fotocope und einen professionellen Vertreter, der uns eine Aster auf unserem Land sauber vorkalkulierte. Der hatte lange gute Karten. Nur, so mir nichts Dir nichts gibt man ja keine 200 tsd. aus. Das wollte noch sacken. Dann meldete ich mich in so einem Portal an, und bekam zig Prospekte von diversen Großen der Branche. Viebrockhaus, Fingerhaus, Schwörerhaus, Heinz von Heiden, Scanhaus Marlow, Bien Zenker, Stollhaus erinnere ich. Mit den anrufen der Gebietsvertreter untermalt. Das Meiste ging rasch den Weg aller Welt, da entweder viel zu teuer, wir hatten ja den Rostocker schon als Benchmark, oder nicht aussagekräftig, oder beides und dazu nervige Vertrer, die ihre Mitbewerber madig machten. ( Wenn Sie mit dem und dem bauen, werden Sie aber was erleben...) Sowas mag ich nicht. Auf dem Tisch blieben Scanhaus, ehrliches Prospekt, nicht viel Hochglanz, aber klare Aussagen und Preisliste und Baubeschreibung dabei. Stollhaus Schleswig, Team Massiv Büdelsdorf, und natürlich Rostock. Der Sommer rückte näher. Juni. Wir beschlossen, mal Prospekte beiseite, das legt so fest, und selber denken, wie es werden soll. Nun, ganz beiseite...sie lagen da ja. Unsere Ziele wurde dann mit Hilfe eines guten Freundes klarer. Die Idee, alles ohne jeden Kredit zu stemmen, also bar zahlen, redete er uns aus. Das wird einfach zu klein, zu eng, und ist doch auch bei 1,5 % Zins unnötig. Recht hatte er. Bei Scanhaus entdeckten wir dann die Idee, die auch nur die propagierten, Bungalow mit Studiobinder, mehr Dachneigung und Treppe, also statt Kriechboden Ausbaureserve oder Kellerersatz. Ja, das war es. Die Aster flog raus, die hatte nur 25 Grad Dachneigung und würde, da sehr quadratisch mit steilerem Dach wie ein Zipfelzwerg aussehen. Wir fuhren erst mal in Urlaub. Lass noch mal sacken, löppt nichts weg. Auch war bei uns immer noch was ganz Anderes im Kopf, in einem Winkel jedenfalls, nämlich die Idee, eine Bestandsimmobilie günstig schiessen zu können, die zu uns passt. So verfolgt man dann auch Immowelt, hört sich um, schaut nach Todesanzeigen, sagt der Hausbank, wenn Du mal was weisst, ruf uns an...aber es bewegte sich nichts. In unserem Baugebiet stehen ja nun schon einige Häuser, mit wem bauen die Anderen? Einer mit Scanhaus...geht ja fix, aber ist auch einfacher Kram, ich glaub, das lassen wir, sag ich. Diese mit Glaswolle ausgestopften Bretterwände wollen wir nicht, meine Frau schon gar nicht. Sie will zu Specht nach Fehmarn, ein Hiesiger, einer, mit dem viele bauen, unsere Kinder auch. Ok. Termin im Juli. Es gibt bei ihm weder Prospekt noch Webseite, nur ein Erstgespräch, wo er erzählt, was er baut, wie er baut, und abfragt, was wir wollen. Er malt Skizzen, schaut sich das Scanhaus Marlow Konzept mit Treppe hoch an, findet es gut, und sagt, ich mach Euch nen Vorschlag, mit Festpreis in Putz und Klinker. Ok? Der Vorschlag kam, der Preis war unter Scanhaus, unter dem der Aster, nur der Grundriss war scheisse. Aber von ca. Anfang August an stand fest, mit dem werden wir bauen, nur wir müssen ihn zu einem anderen Grundriss kriegen. Nur...Telefonate hin, her, die zündende Idee kommt nicht. Man muss dazu wissen, was Scanhaus vorgab, geht nicht auf unser Land, wegen 570 qm und Grundflächenzahl 0,25. Wir können nicht mit Winkelbungalow arbeiten. Und wir wollen vier Zimmer ebenerdig. Und keine offene Küche. Und keine Badewanne. Und einen Hauswirtschaftsraum mit echter Vorratsraumgrösde und ein Gäste-WC. Und das alles auf Max. 135 qm Bodenplatte plus Terrasse. Dann finden wir im Netz von einem Lübecker GU genau das, was wir suchen als Grundriss. Ich ruf den an. Dürfen wir den nutzen? Auch wenn wir nicht mit Ihnen bauen? Wo baut Ihr, fragt er. Da und da. Er darauf, ok, ist mir zu weit zu fahren, nehmt ihn. Ist ok! Das wars, der Bauzeichner von Specht friggelt noch einige Details anders, der Plan steht, finales Gespräch 19.9.16. Durchgang der Baubeschreibung, Einsparungen hier, etwas mehr da, saubere Kalkulation der Nebenkosten dazu. Wir geben uns die Hand. Fertig. Eine Unterschrift gibt es nicht, nur Hand darauf. Wir damit zur Bank, Geld wird zu gesagt, 1,25 fest. Anruf beim GU, stell Bauantrag, mit Geld ist auch perfekt.
Prospekte? Alle weg. Bis auf das von Scanhaus Marlow, wo die Idee drin war, die wir so lange suchten. Das bleibt als Erinnerungsstück. Karsten
 
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wpic

wpic

Man kann sich auch ganz einfach einen Architekten suchen und ihm all die wirklich drängenden Fragen stelle, auf die die Fertighausanbieter keine Antworten liefern. Der Architekt entwickelt, gestaltet + berät, der FH-Anbieter möchte verkaufen - da sind individuelle Kundenwünsche eher hinderlich.

Die hochwertigen Modelle einiger FH-Anbieter, die auch architektonisch + energetisch interessant sind, bewegen sich dann bereits wieder in Preisräumen, die auch eine Realisierung durch einen Architekten attraktiv machen.
 
Nordlys

Nordlys

Wpic, das ist ja Theorie. Ein Architektenhaus wird immer! teurer als eines von der Stange. Warum sollte man, wenn es nicht um eine sehr spezielle Situation geht das tun?
Und Architekten haben grosse Probleme, zurzeit überhaupt mit ihren Ausschreibungen Anbieter zu finden, die mit ihnen was machen wollen. Die wenigen Anbieter, die sich überhaupt noch an solchen Ausschreibungen beteiligen, rufen auch entsprechende Preise auf. Das ist kein Märchen. Wir hatten jetzt beruflich zu planen die Erweiterung eines alten Gebäudes um drei Büros plus Lagerraum plus Toiletten und Pantryküche, unter Beachtung der Altstadtsatzung. Architekt 600 tsd. Nach ernstem Gespräch mit ihm 470. Das gleiche Konzept mit GU 305 fest. Allein das Honorar schlug ja mit 60 zu Buche.
 
77.willo

77.willo

Wpic, das ist ja Theorie. Ein Architektenhaus wird immer! teurer als eines von der Stange. Warum sollte man, wenn es nicht um eine sehr spezielle Situation geht das tun?
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Weil nicht für jeden der Preis das Hauptkriterium bei der Wahl eines Anbieters darstellt. Es ist völlig ok wenn das für dich so ist, du brauchst aber nicht jeden der andere Prioritäten setzt als irrational oder abgehoben darzustellen.
 
Nordlys

Nordlys

Tu ich auch nicht. Beschreibe nur was ist. Fahre durch ein Neubaugebiet und schau, wer da mit wem baut und wie viele Architektenbauten dabei sind. Für fast alle spielen die Kosten eine Rolle. Nur wenige happy few können die als untergeordnet betrachten. Die sind dann nicht abgehoben, jedoch eine Minderheit, deren Situation auf die Anderen nicht übertragbar ist.
 
Zuletzt aktualisiert 25.11.2024
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