Wer die Bauherren fragt bekommt auch eine Antwort

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R

ruppsn

Ja, aber davon ein Jahr Planung.

[...]

Ein Beispiel: Unser Heizungsbauer hat für die Fußbodenheizung nachträglich nach dem Putz ein Durchgang für die Fußboden-Rohre in eine Wand gestemmt. Dabei traf er auf eine Elektroleitung. Hätte er kurz angerufen und gefragt, dann hätte ich ihm sofort sagen können wo die Leitungen an dieser Stelle verlaufen, aber er hat einfach mal los gestemmt.
Grundsätzlich bin ich ganz bei Dir, dass bei Unsicherheiten oder schlicht fehlenden Angaben besser mal nachzufragen ist. In einem anderen Thread geht es gerade um so eine Situation, nämlich fehlende Angabe über die Tiefe der Fensterbank. Da wurde dann halt irgendwas ohne Absprache mit dem Kunden/Bauherren eingebaut und nun sieht es doof aus und dem Kunden gefällt es nicht. 2min Telefonat hätten hier sicherlich ein Vielfaches der Kosten und Ärger erspart.

Mit Deinem Beispiel habe ich insofern etwas Schwierigkeiten, da der Verlauf der grundlegenden Installation eigentlich doch Gegenstand der Ausführungsplanung ist. Da würde ich mich fragen, was ihr vorher ein Jahr lang geplant habt, wenn nicht vorher mal überlegt wurde wo welche WD, DD und BD liegen sollen. Teilweise brauchen doch Rohbauer / Statiker auch diese Infos für die Deckenelement und die Bemessung der Bewehrung. In dem konkreten Fall wurde da eher in der Planung gepennt... und auf irgendwas muss sich der Handwerker vor Ort ja auch verlassen können, sonst ist es tatsächlich so, wie @ypg es schreibt. Dann müsste ja bei jedem Werkzeugansatz Rücksprache gehalten werden. Dann könnte man sich durchaus fragen, wofür überhaupt die Ausführungsplanung...

Was mich eher nervt ist die Gedankenlosigkeit/Scheißegalhaltung ggü. anderen Gewerken. Bsp. ist morgens Estrich gelegt worden, abends bin ich zur Kontrolle nochmal zur Baustelle gefahren und habe sehen müssen, dass frische Fußspuren im Estrich waren. Es hat sich rausgestellt, dass der Trockenbauer vergessen hatte ein Maß zu nehmen, was zu dem Zeitpunkt noch hätte warten können. Aber nee, scheißegal, ist ja nicht das eigene Gewerk. Und da bin ich dann nicht mehr so entspannt und sehe es nicht so, dass nur das Resultat zählt. Der Weg dahin ist für mich auch wichtig und ich möchte wissen (verstehen) weshalb ein Handwerker meint es anders/besser machen zu müssen als im Plan steht. Wenn nichts drin steht oder es so nicht geht -> Anruf bei der Bauleitung (Architekten, Bauherr...wer auch immer das macht - bei uns Architekt), Problem schildern, Lösungsmöglichkeiten vorschlagen, Vor- und Nachteile kurz erklären, Bauleitung entscheiden lassen und dann so umsetzen. Alles andere ist für mich fraglich.
 
D

DNL

Wir haben mit GU gebaut, trotzdem gab es natürlich Subs. Insgesamt hat das sehr gut geklappt. Die Gewerke haben untereinander auf Augenhöhe gearbeitet.

Ich würde jedem empfehlen, einmal morgens auf der Baustelle aufzutauchen und mit den Leuten vor Ort zu Reden. Bei mir hat dann noch zusätzlich geholfen, dass ich in der ersten Innenausbauphase zwei Wochen geholfen habe, Kabel zu verlegen. Das kann übrigens wirklich jeder und spart sehr viel Arbeitszeit. Das hat natürlich für die Kommunikation geholfen. Jeden abend habe ich mir angeschaut, was dann den Tag über passiert ist. Das in den Einklang mit meiner Arbeit zu bringen, war nicht einfach.

Ich habe meine Handynummer immer riesig an die Wand geschrieben: "Bauherr: 0123 4567 Ruft mich an! :)" Es waren eher die jüngeren, die dann auch wirklich angerufen haben oder eine Woanders geschrieben haben. Aber auch ein paar von den alteingesessenen haben das wahrgenommen.

Außerdem natürlich Respekt und Kommunikation auf Augenhöhe. Also schon mal alles per Du. Eine Arbeitshose bringt mehr als ein Anzug mit Schlips. Wer davon ausgeht, dass Handwerker nur doof sind, erntet das wahrscheinlich auch.

Ich glaube, im Bau muss ein Umdenken geschehen. Man kann nicht alles vorweg planen. In der Wirtschaft wird auch an immer mehr Stellen weg von Wasserfallplanungen mit ewig langer Planungszeit, Ausführungszeit und am Ende die Abnahme gearbeitet, wo dann nach einem halben Jahr festgestellt wird, dass man das eigentlich ganz anders haben wollte. Sondern hin zu agileren Methoden, wo kurzfristig gemeinsam Anforderungen ausgearbeitet und das Arbeitsergebnis wenig später gemeinsam besprochen wird. So kann man auf Probleme und geänderte Anforderungen viel schneller und besser reagieren.

Wir haben auch jeweils vor dem Gewerk erst bemustert. Ich hätte nach den Plänen meine Fliesen gar nicht aussuchen können. Das war super, das erst im fast fertigen Haus zu machen.
 
S

Silent010

Was mich eher nervt ist die Gedankenlosigkeit/Scheißegalhaltung ggü. anderen Gewerken.
Das kenne ich auch. Oft wurden Probleme dann aufs nächste Gewerk geschoben. Ich denke das kommt bei uns, dadurch, dass wir die Unternehmen ganz unabhängig voneinander beauftragt hatten, noch eher zum tragen, da diese nicht unter einer Hand (GU) standen.

Vielleicht liest es sich wilder als es war, aber bei uns ist nicht jedes Kabel und jeder Durchbruch von Anfang an mit in der Planung. Wir haben uns auch während der Bauphase, teils durch Empfehlung von Handwerkern, mit guten Ideen inspirieren lassen.

Wenn man vor einem Problem steht, und es dafür mehr als eine Lösung gibt, dann wünsche ich mir als Ansprechpartner (Und zahlendem), dass ich gefragt werde.

Ich habe meine Handynummer immer riesig an die Wand geschrieben: "Bauherr: 0123 4567 Ruft mich an! :)
Top.
 
R

ruppsn

Ich glaube, im Bau muss ein Umdenken geschehen. Man kann nicht alles vorweg planen. In der Wirtschaft wird auch an immer mehr Stellen weg von Wasserfallplanungen mit ewig langer Planungszeit, Ausführungszeit und am Ende die Abnahme gearbeitet, wo dann nach einem halben Jahr festgestellt wird, dass man das eigentlich ganz anders haben wollte. Sondern hin zu agileren Methoden, wo kurzfristig gemeinsam Anforderungen ausgearbeitet und das Arbeitsergebnis wenig später gemeinsam besprochen wird.
Oh weh, oh weh, als großer Freund von agilen Methoden kann ich hier nur mit dem Kopf schütteln. Die Methodik muss zur Problemstellung und zum Problemtyp passen. Von agilen Methoden erhofft man sich u.a. deswegen viel, weil man sich mehr und mehr in sich schnell ändernden Märkten bewegt, und sich schnell auf Richtungsänderung einstellen muss. Disruptive Prozesse lassen es nicht mehr zu die Richtung der Marktentwicklung im Vorhinein durch Analytik abzusehen und sich entsprechend frühzeitig auf Marktveränderungen vorzubereiten. Gemäß Cynefin-Framework ist Ursache-Wirkungszusammenhang halt nicht „einfach“ oder „kompliziert“, sondern „komplex“ oder gar „chaotisch“. Und für solche Problemtypen verspricht man sich von agilen Ansätzen eine schnellere Reaktionsfähigkeit.
Ein PDCA-Ansatz, der Grundlage vieler agiler Methoden ist, ist mMn auf der Baustelle allerdings kontraproduktiv und wirkt projektverlängernd und kostensteigernd. Zum einen hast Du Vorlauf- und (Betonwerke liefern Dir aktuell eben mal nicht Deine Deckenelement JIT, sondern brauchen teilweise vier bis sechs Wochen Vorlaufzeit) Rüstzeiten. Zum Anderen ist an einem Hausbau nichts komplex oder chaotisch im Sinne der Cynefin-Klassifikation. Vielmehr ist der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung gut verstanden, also bestenfalls ist der Problemtyp „einfach“ oder „kompliziert“. Hier kommt man mit bewährten Vorgehensweisen (best und good practices) hervorragend zurecht.
Zudem ist bei der Übertragung von Methodiken, die aus der Entwicklung immaterieller Produkte kommen, in die Welt der materiellen Produkte Vorsicht geboten, bspw. aufgrund von Zulieferketten oder einfach deswegen, weil sich virtuelle Dinge manchmal leichter noch nachträglich ändern lassen als reale Dinge. Meiner Meinung nach besteht der größte Bedarf an Agilität nicht in einer konkreten Methodik, sondern in der Verinnerlichung der Werte und Haltung, die Grundlage dafür sind, nämlich Flexibilität zeigen (nicht bei einer Änderung kategorisch erstmal sagen „nö, geht nicht, steht nicht im Plan“), Transparenz („Konsequenzen aus Änderungen nachvollziehbar machen“, „darstellen, was eigentlich das Ziel ist: kein Heizi hat eine Leidenschaft für einen 50x10 Wanddurchbruch an einer bestimmten Stelle, sondern möchte die Fußbodenheizung zum HKV legen, auf möglichst kurzem Weg“), eigene Arbeitsweisen kontinuierlich hinterfragen, um sich zu verbessern und zu guter Letzt auch miteinander auf Augenhöhe zu interagieren. Und diese Haltung kann ich auch beim Wasserfallmodell hervorragend einbringen, dafür brauche ich kein Scrum, Kanban you-name-it. An Wasserfall ist nichts Schlechtes, wenn es zum Problem passt. In der Notaufnahme möchte ich bspw. kein Scrum sehen. Und ein Schraubendreher ist immer noch das beste Werkzeug, um Schrauben in die Wand zu drehen, man kann zwar auch Nägel mit versenken, dafür gibt es aber besseres Werkzeug. Sorry, ist ein „bissl“ OT geworden [emoji51]

Zu allem anderen kann ich nur zustimmen, insbesondere der Sache mit der Augenhöhe. Da gibt es auf dem Bau Einiges nachzuholen, so mein Eindruck. Im übrigen nicht nur auf der Baustelle, sondern auch schon weiter vorne im Prozess, zwischen Kunden und Architekt/GU/BT whoever. Grundsätzlich halte ich den respektvollen Umgang miteinander für essentiell, und nichts Anderes ist ja ein sich auf Augenhöhe begegnen. Blöderweise habe ich in vielen Bereichen den Eindruck, dass die Entwicklung in die falsche Richtung schreitet.
 
R

ruppsn

Vielleicht liest es sich wilder als es war, aber bei uns ist nicht jedes Kabel und jeder Durchbruch von Anfang an mit in der Planung. Wir haben uns auch während der Bauphase, teils durch Empfehlung von Handwerkern, mit guten Ideen inspirieren lassen.
Ganz Deiner Meinung bei dem was Du schreibst (also der gesamte Beitrag). Nur gerade bei Durchbrüchen bin ich skeptisch, da Deckendurchbrüche statische Relevanz haben und man nicht mal einfach sagen kann: Huch, hier fehlt ein Durchbruch, hol ich mal kurz die Hilti. Selbst bei dusseligen Einbaustrahlern kannst Du ja nicht sagen, „schau ich mir erstmal an wie die Räume so sind und dann bohre ich die Löcher“. Da möchte Betonwerk und Statiker schon gerne vorher wissen, wo die Decke in der Struktur geschwächt wird. Mal dort noch einen Lichtschalter hinlegen oder eine Steckdose mehr ist bei konventioneller Verkabelung sicher nicht das Thema, spontan aber noch einen Heizkreis mehr könnte schon spannend werden, wenn dafür die Durchbrüche nicht passen, mal abgesehen davon, dass das auch Auswirkungen auf Heizlast und Energiebilanz insgesamt hätte. Oder anders: lokale Änderung auch später selten problematisch, globale Änderung werden in der Regel problematisch und/oder teuer - und sollte daher bei der Ausführungsplanung entsprechend behandelt werden. [emoji4]
 
S

Silent010

Nur gerade bei Durchbrüchen bin ich skeptisch, da Deckendurchbrüche statische Relevanz haben
da hast du natürlich recht. Hierbei war es aber nur ein 20x4cm durchstemmen am Boden, da wir bzw. der Heizungsbauer den Weg der Fußbodenheizungsrohre vom Verteiler abgekürzt hat. Statisch alles nach Plan :-)
 
Zuletzt aktualisiert 27.11.2024
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