unseren Generalunternehmer hat gestern Insolvenz beantragt. Wir hatten die Abnahme am 11.11.2021 gehabt und es wurden diverse Mängel/nicht ausgeführte Arbeiten festgestellt und in die Abnahme festgehalten. Mit dem Bauleiter wurde eine Frist von 6 Wochen zu Besserung festgestellt. Die läuft am 23.12.2021 ab. Es würde dafür die Abschlussrate von 10% mit 36000€ einbehalten.
Nun das große Problem ist, dass unsere Erdwärmebohrungen nicht vorhanden sind, und die Heizung nur mit dem Notheizstab läuft…. Und ich würde gerne langsam diese Arbeiten selbst vergeben. Alleine die Erdwärmebohrungen kosten schon über 20000€.
[...] Offiziell weiß ich über die Insolvenz noch nichts.
Über ein paar Tipps würde ich mich freuen.
Die Freude mache ich Dir gerne, könnte es doch für eine ganze Weile Deine letzte sein, Dir steht ein "harter Winter" bevor. Woher hast Du denn überhaupt von der Insolvenz erfahren ?
Ruf einen Anwalt an der sich mit dem Baurecht auseinandersetzt.
Wenn in derselben Kanzlei auch ein Baurechtler ist, wird das nicht schaden. Der federführende Anwalt sollte jedoch ein Insolvenzrechtler sein. Mit einem Baurechtsanwalt gegen einen Insolvenzverwalter anzutreten ist, als ginge man mit einem Messer "bewaffnet" zu einer Schießerei. Einem Lied zufolge soll es der Teufel gewesen sein, der den Schnaps gemacht habe. In diesem Sinne halte ich das Insolvenzrecht für einen Existenzbeweis für einen Oberteufel.
Das Vorliegen oder der begründete Verdacht einer Insolvenz wird an klaren Kriterien gemessen. Zur Stellung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist der Geschäftsführer der fraglich insolventen Gesellschaft innerhalb einer Dreiwochenfrist verpflichtet, eine Verzögerung gilt als (auch strafbare) Verschleppung und läßt den Geschäftsführer (bei mehreren auch alle, ungeachtet ihrer Geschäftsverteilung im Innenverhältnis) in die persönliche Mithaftung eintreten. Das ist äußerst spezielle Juristerei vom Feinsten, und aus Herzchirurgie hält sich auch der beste Orthopäde besser heraus.
Der Antrag, über das Vermögen einer Gesellschaft ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, kann (durchaus auch parallel) von zwei Seiten gestellt werden, nämlich als Eigenantrag (durch den Geschäftsführer) oder als Fremdantrag (durch einen Gläubiger). Krankenkassen vereinnahmen treuhänderisch die gesetzlichen Abgaben des Unternehmens auch für alle anderen Sozialkassen und sind entsprechend sehr sensibel, wenn es dort zu Stockungen im Beitragsfluß kommt. Nicht selten ist daher eine Krankenkasse schneller damit, den Insolvenzantrag zu stellen.
Das zuständige Insolvenzgericht ist regelmäßig das Amtsgericht am Firmensitz (auch wenn das Registergericht ggf. woanders angesiedelt ist). Auf einen eingegangenen Antrag hin erforscht das Insolvenzgericht die Begründetheit des Verdachtes zunächst mit einem Fragebogen an den Geschäftsführer, und danach ggf. mit der Beauftragung eines Insolvenzgutachters. Muß der Gutachter das Vorliegen einer tatsächlichen Insolvenz bejahen, wird er meist zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und führt das Unternehmen dann mit dem Geschäftsführer gemeinsam. Muß im weiteren Verlauf ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, wird dem Geschäftsführer jegliche weitere Verfügung verboten und der Insolvenzverwalter beginnt allein für das Vermögen der Gesellschaft zu handeln -
der Schutz der haftenden Vermögensmasse hat dabei leider Vorrang vor dem Unternehmenszweck und den Interessen einzelner Gläubiger.
Sobald der Insolvenzverwalter alleiniger Herr der "Schuldnerin" geworden ist, geraten die Gläubiger in eine harte Zeit auf hoher See.
Die Forderungen der Gesellschaft gegen sie bleiben hart, umgekehrt gilt für ihre Forderungen gegen die Gesellschaft jedoch leider, daß diese regelmäßig abgewertet werden. Im Rechenbeispiel von 20.000 Euro Wert der gegenseitigen Forderungen und einer Befriedigungsquote von 4% (Kunden sind leider ziemlich nachrangige Gläubiger) bedeutet das: der Insolvenzverwalter wird vom Kunden die 20.000 Euro jetzt fällig fordern, der Kunde dagegen darf sich auf 800 Euro freuen und darauf auch noch im Schnitt drei Jahre warten. Ob Geld- oder Sachforderung: der Insolvenzverwalter wird ersteinmal bestreiten.
Ich hoffe also für Euch, für das Bauvorhaben eine Fertigstellungsbürgschaft bekommen zu haben - vom Unternehmen selbst gibt es jetzt nur noch schleppend, widerborstig und mühsam etwas - wohlgemerkt: in der eigentlichen Verwaltung.
In der vorläufigen Verwaltung habt Ihr entschieden bessere Karten, z.B. über Ersatzvornahmen mit dem Verwalter handelseinig zu werden. Am besten läuft es für Euch, wenn das Unternehmen lange in der vorläufigen Verwaltung bleibt (das geschieht, wenn die Frage ob es insolvent ist, aber auch die Frage ob es gesundungsfähig ist, beide "ja" lauten). Noch besser ist nur noch, wenn bereits das Gutachten zu dem Schluss kommt, der Insolvenzverdacht sei nicht begründet. Auch wenn der Geschäftsführer selber den Insolvenzverdacht geäußert hat, kann dieser sich als unbegründet herausstellen (wir erinnern uns: er könnte dies auch aus im Zweifel lieber zu großer Vorsicht getan haben).
Schaut in die Onlineregister für Insolvenzbekanntmachungen und des Handelsregisters, die Registernummer des Unternehmers muß ja auf dessen Briefbögen stehen. Beim Amtsgericht teilen sich die RichterInnen die Firmen meist nach Anfangsbuchstaben auf. Macht aktenkundig, als Kunde mit unbefriedigten Forderungen Gläubiger zu sein. Kontaktiert den (vorläufigen) Verwalter, sobald er in diese Position gesetzt ist (siehe die beiden genannten Kanäle für Bekanntmachungen).