Die Frage die ich mir immer wieder stelle: Ist das nun ein freier Markt oder wie kommen solche Schwankungen zustande?
In der HOAI 2013 findet sich eine Anlage 10, die die Grundleistungen im Leistungsbild "Innenräume und Gebäude" auflistet. Dort ist abschließend aufgezählt, was die einzelnen Leistungsphasen beinhalten.
Ergänzend dazu finden sich so genannte "Teilleistungstabellen" (z.B von Siemon), die diesen Grundleistungen wiederum das anteilige Honorar der jeweiligen Leistungsphase zuordnen.
Beispiel:
Anrechenbare Kosten (=/= Bausumme!) = 300.000€, Honorarzone III, Mittelsatz
Für Leistungsphase 2 (Vorplanung) werden 7% des Gesamthonorars fällig, mithin 3144,57 €
Die Leistungsphase 2 beinhaltet folgende Grundleistungen, denen Siemon die folgende Anteile zurechnet:
a) Analysieren der Grundlagen, Abstimmen der Leistungen mit den fachlich an der Planung Beteiligten
--> 0,25% bis 0,50%
b) Abstimmen der Zielvorstellungen, Hinweisen auf Zielkonflikte (in a) enth.)
c) Erarbeiten der Vorplanung, Untersuchen, Darstellen und Bewerten von Varianten nach gleichen Anforderungen, Zeichnungen im Maßstab nach Art und Größe des Objekts
--> 3,00% bis 3,50%
d) Klären und Erläutern der wesentlichen Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen (z.B. städtebauliche, gestalterische, funktionale, technische, wirtschaftliche, ökologische, bauphysikalische, energiewirtschaftliche, soziale, öffentlich-rechtliche)
--> 1,00% bis 2,00%
e) Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen (in d) enth.)
f) Vorverhandlungen über die Genehmigungsfähigkeit
--> 0,10% bis 0,50%
g) Kostenschätzung nach DIN 276, Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen
--> 0,75% bis 1,50%
h) Erstellen eines Terminplans mit den wesentlichen Vorgängen des Planungs- und Bauablaufs
--> 0,10% bis 0,50%
i) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse
--> 0,10% bis 0,50%
Nun kann der Architekt hingehen und die Leistungsphase 2 um Grundleistungen kürzen, die er für entbehrlich für das konkrete Projekt hält. Beispielsweise wäre Punkt f) wohl nur selten zwingender Bestandteil seiner Leistungen. Er rechnet dafür 0,5% des Gesamthonorars raus und schon wird sein Angebot um 224,61€ günstiger ausfallen.
Auf diesem Wege ist es selbstverständlich auch möglich die Mindestsätze der HOAI (nach Leistungsphasen) zu unterschreiten, das bedarf aber halt auch expliziter Absprache und sollte so im Vertrag stehen.
Nach meiner bescheidenen Erfahrung läuft es aber meist eher so, dass der Architekt einfach seinen Stiefel durchzieht und darauf achtet, dass seine Arbeitszeit am Ende auch zum Honorar passt. Da sind Einfamilienhaus einfach Lückenfüller zwischen den lukrativen Projekten.
Ich hatte das hier schonmal irgendwo geschrieben; diesen Unfug, den man aus einschlägigen Sendungen (z.B. BR "Traumhäuser") kennt, wo der Architekt mit Herzblut bei der Sache ist, x total kreative Varianten entwirft, mit viel Liebe kleine Modelle bastelt, zu zig Materialien mit Proben um die Ecke kommt, dem Bauherren beim Bemustern beratend über die Schulter guckt und den Bau abschließend stolz auf die Landingpage packt, wird man in der Realität nicht finden. Das sind entweder eigene Projekte von Architekten, oder es geht um Bausummen jenseits von Gut und Böse an denen der Architekt auch tatsächlich richtig gut verdient.
Ganz ehrlich: Ich würde, wenn ich denn unbedingt einen Architekten brauche, aber mir die dafür (eigentlich) nötigen 35.000€ aufwärts nicht leisten kann, den billigsten nehmen und meine Erwartungshaltung auf 0 herunterschrauben, dann sind am Ende alle zufrieden.
PS: Noch kurz zu den "anrechenbaren Kosten". Dazu schreibt die HOAI:
§33 Besondere Grundlagen des Honorars(1) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind die Kosten der Baukonstruktion anrechenbar.
(2) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht,
1. vollständig anrechenbar bis zu einem Betrag von 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und
2. zur Hälfte anrechenbar mit dem Betrag, der 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigt.
(3) Nicht anrechenbar sind insbesondere die Kosten für das Herrichten, für die nichtöffentliche Erschließung sowie für Leistungen zur Ausstattung und zu Kunstwerken, soweit der Auftragnehmer die Leistungen weder plant noch bei der Beschaffung mitwirkt oder ihre Ausführung oder ihren Einbau fachlich überwacht.
Wenn die Bausumme 350.000€ beträgt und davon 100.000 auf die "technische Gebäudeausstattung" (Heizung, Elektrik, Kontrollierte-Wohnraumlüftung etc.) entfallen, würde man so rechnen:
350.000€ brutto sind 294.000 netto. Davon 84.000€ netto für die TGA. Ergibt anrechnenbare Kosten von
210.000 + 52.500 + 15.750 = 278.250€ anrechenbare Kosten