Im Moment würde ich euch ganz klar empfehlen: Lasst es!
Ich hab in den letzten Jahren festgestellt, dass auch ein Umzug von Mietwohnung zu Mietwohnung nicht ganz billig ist (neue Tapeten, neue Gardinen, neue Lampen, neue Möbel, Umzug an sich, etc.). Trotzdem sollte man wissen, wenn man sich in etwas verrennt. Und das tust du glaube ich gerade.
1. Ich glaube immer noch nicht, dass du mit 360.000€ hinkommst, bzw. dafür den gleichen Gegenwert bekommst. Für 1400€ warm, denke ich ist eine Wohnung mit 4 Zimmern und 120m² drin. Da hast du dann aber auch noch Kellerraum, Waschküche, etc. zusätzlich dabei. Du brauchst zudem keinen Platz für Haustechnik (Heizung, Strom, Wasser, etc.). Um in einem Haus vergleichbaren Platz zu haben, benötigt man dann schnell 150m² und mehr. In unserer Gegend haben wir 1100€ Warmmiete für 4 Zimmer und 150m² bezahlt. Ein vergleichbares Haus haben wir für 360.000€ nicht gefunden. Selbst jetzt mit deutlich schlechterer Infrastruktur ist das preislich noch teurer. In gleicher Wohnlage lagen wir bei Preisen zwischen 450.000 und 550.000€. Und da war nichts besonderes dabei. Oder eben bei 300.000€ und sanierungsbedürftig. Schaut euch das genau mit einem Gutachter an. Wer bei einem Haus Baujahr 1975 ohne große Sanierungsarbeiten sagt, da müssten nur neue Tapeten ran, der lügt euch ins Gesicht.
2.) Wie du schon richtig festgestellt hast, ist der Schritt von 2 Zimmern in ein Haus nicht ganz so klein. Neben vielen Möbeln die kommen, ist da auch schnell mal eine Küche dabei, die man nicht mal eben für 5000€ bekommt. Schon mal an die Gartengeräte gedacht? Rasenmäher, Schubkarre, Heckenschere, Schneeschieber, etc. gehen auch ordentlich ins Geld.
3.) Macht euch mal klar, wie viel ihr im Jahr verdient und wie viel Geld ihr aufnehmen wollt. Das ist schon ein ordentliches Verhältnis. Klar, kann man planen, dass man nach 30 Jahren noch eine Restschuld hat, aber 50%? Kann man machen, wenn man keine Kinder hat und dann mit Rentenbeginn das Ding verkauft um irgendwo anders alt zu werden (Mallorca, betreutes Wohnen, Maui Maui,...). Falls nicht, würdet ihr euren Kindern eine ordentliche Hypothek hinterlassen: 200.000€ Schulden und ein sanierungsbedürftiges Haus. Falls eure Kinder das Haus nicht haben wollen, würde euch im Prinzip gar nichts andere übrig bleiben wie verkaufen, da ihr im Rentenalter die Rate nicht zahlen könnt, außer du erwartetest tatsächlich sehr sehr deutliche Gehaltssteigerungen. Eine Vollfinanzierung (und da seid ihr sogar schon deutlich darüber hinaus) geht im Moment eigentlich nicht unter 2%. Ich denke 2,3-2,5% ist realistisch. Gehen wir jetzt mal von eine monatlichen Rate von 1300€ aus, dann braucht ihr 40 Jahre zum Abbezahlen und tilgt 1,5%. Wie du siehst, zahlst du deutlich mehr Zinsen wie Tilgung (zumindest die ersten 10 Jahre). Nehmen wir den Zinssatz mal über die kompletten 40 Jahre, zahlt ihr allein 220.000€ Zinsen!!!! Bist du dir immer noch sicher, dass das günstiger ist wie Miete zahlen? Das kann man sich nicht mehr schön rechnen. Würden wir jetzt mal eine zur Miete von 1400€ vergleichbare Rate nehmen, also ca. 1100€ (das auch noch geschönt, denn 300€ Nebenkosten sind eher sehr knapp bemessen), dann werden es 55 Tilgungsjahre bei 310.000€ Zinsen. Das passt einfach nicht.
4.) Ihr braucht Rücklagen für ein Haus. Selbst bei der 40 Jahre Finanzierung seit ihr dann bei ca. 1300€ Tilgung + 300-500€ Nebenkosten (je nach Zustand des Hauses) + ca. 150-200€ Rücklagen. Macht in Summe 1750-2000€. Da ist jetzt noch kein Puffer eingeplant.
5.) Eure 110% Finanzierung wird vermutlich sehr teuer. Es gibt nur wenige Banken die daran überhaupt Interesse haben. D.h. sie werden euch gar nicht nehmen oder nur für viel Schmerzensgeld. Wir haben zu Beginn unserer Gespräche mit eine 100% Finanzierung geplant, bzw. leicht darunter. Selbst da vielen schon viele Banken raus, die Zinssätze waren schlecht und es wurden Szenarien mit Privatkrediten etc. durchgerechnet. Vorteil bei uns war jedoch, das wir vom Einkommen her einiges mehr vorweisen konnten wie ihr, sodass wir "nur" an zu niedrigen Eigenkapital zu knabbern hatten und die Bonität sehr gut war. Bei euch wird das nicht jede Bank so sehen, sondern die "konservativen" werden sogar die Bonität gefährdet sehen. Aus meiner Sicht werden die meisten versuchen die Kaufnebenkosten über Privatkredite abzuwickeln. Diese sind jedoch deutlich höher verzinst (da keine Sicherheit vorhanden) und liegen selbst derzeit bei 4-10%. Bei Laufzeiten von üblicherweise 10 Jahren gehen für diese 10% des Darlehens dann monatlich schon 400-500€ weg. Neben den Zinsen für den Hauptkredit bleibt da s so gut wie nichts mehr für die Tilgung dessen übrig, sodass nach 10 Jahren noch fast 90% Restschuld besteht.
6.) Zu guter Letzt, macht ein Haus auch viel Arbeit. D.h. gerade zum Einzug kommen die ganzen Renovierungsarbeiten. Hast du dafür Zeit, Erfahrung und Arbeitskraft? Hier kommt nämlich Punkt 2 wieder zum Tragen: Eine 2-Zimmer-Wohnung ist etwas anderes wie ein Haus!
Wie du siehst, es passt einfach nicht. Die Idee, das man "sich die Miete spart" ist zwar schön, aber die bezahlst du monatlich dann an Zinsen. Alle Dinge für die derzeit der Vermieter gerade steht (Schäden am Haus, Reparaturen, Instandhaltung), muss man dann selbst Sorge tragen.
Wenn es unbedingt Eigentum sein muss, dann solltet ihr versuchen noch etwas durchzuhalten und die Kaufnebenkosten ansparen. Die bezahlt ihr ansonsten durch die schlechten Zinssätze doppelt. Dann würde ich evtl. nach eine Eigentumswohnung Ausschau halten. Die sind günstiger, auch günstiger in den Nebenkosten und man kann sie bei guter Lage auch oftmals ganz vernünftig wieder veräußern, falls man doch mal ins eigene Haus will. Instandhaltungskosten sind meist auch niedriger, weil die großen Posten durch alle Eigentümer geteilt werden und damit eine Erneuerung von Dach oder Heizung deutlich günstiger ist.
Noch abschließend ein paar Rechenbeispiele:
Damit ihr auf eine (immer noch recht teure) 100% Finanzierung kommt, braucht ihr bei Kauf über Makler 13% und ohne Makler 7% Eigenkapital (Makler: 5,95%, Notar: 2%, Grunderwerbsteuer: 5% (abhängig vom Bundesland)).
Das ergibt dann bei....
... 400.000€ Darlehen - mit Makler: 51.800€ - ohne Makler: 28.000€
... 300.000€ Darlehen - mit Makler: 38.850€ - ohne Makler: 21.000€
... 200.000€ Darlehen - mit Makler: 25.900€ - ohne Makler: 14.000€
Bzgl. der Rate würde ich euch raten, auf keinen Fall unter 2% Tilgung zu gehen und wenn möglich 3% anzustreben. Wenn man da jetzt mal eine Rate von 1100 bei 2,3% Zinsen annimmt (mehr ist bei euch mMn nicht drin), dann ergibt das für...
... 2% Tilgung: 310.000€ Darlehenshöhe bei 34 Jahren Laufzeit
... 3% Tilgung: 250.000€ Darlehenshöhe bei 25 Jahren Laufzeit