Das was heutzutage als "Bauhaus Stil" verkauft wird, hat auch weder etwas mit dem "Bauhaus" als Solches, noch mit der Grundidee hinter den Meisterhäusern in Dessau zu tun. Große Fenster und weiße Fassaden reichen aber anscheinend den Bauherren als Beweis: ja, wir bauen im Bauhaus Stil.
Na ja - Bauhaus ist auch nicht in Dessau entstanden (dort erst ab 1925), sondern 1919 in Weimar. Aber egal. Ich finde es immer amüsant, wie Leute einen Begriff für sich alleine in Anspruch nehmen und nur ihre Interpretation gelten lassen (jetzt nicht auf Bauhaus bezogen).
Nur ist es völlig schnuppe, wie man etwas definiert. Es hilft manchmal, eine Stossrichtung zu definieren, so eben auch der "Bauhaus-Stil". Als allgemein gültige Definition, woran man "Bauhaus" erkennt, kann bezeichnet werden:
An der Form
Ein Haus im Bauhaus-Stil hat meist eine kubische Form, ist also würfelförmig mit einem Flachdach. Typisch ist der "Glasvorhang" der Fassade. Die Stützen des Hauses werden nach innen verlegt, sodass viel mehr Glas als zuvor verwendet werden konnte. Typisch ist auch das Fenster, das um die Ecke geht.
An der Farbe
Typische Bauhaus-Farben sind die Grundfarben Rot, Gelb und Blau, die neben Schwarz und Weiß hauptsächlich zur Verwendung kamen. Kandinsky und Klee gaben ihren Innenräumen zum Beispiel recht intensive Farben. Die Möbel wurden meist aus geometrischen Formen entwickelt, zum Beispiel ein Stuhl aus einem Quadrat oder es wurden Dreiecke zur Strukturierung eines Tisches eingesetzt.
Am Material
Es wurden auch viele neue Materialien eingesetzt, bei den Möbeln vor allem das Stahlrohr. Bei Lampen herrschten auch Chrom und Aluminium vor. Metall also statt Holz! Der Freischwinger, also ein Stuhl, der hinten keine Beine hat und somit leicht federt, wurde von den Bauhaus-Designern weiter entwickelt,
nachdem der Niederländer Mart Stam erstmals 1926 einen solchen Stuhl entworfen hatte. Vor allem Marcel Breuer entwickelte diesen weiter. Meist ist die Unterkonstruktion aus Stahlrohr, es gibt aber auch Freischwinger ganz aus Kunststoff.
Auch bei den Häusern wurde nun viel Stahl verwendet. Glas und Stahlbeton waren weitere Materialien, mit denen man baute. Häufig baute man in Skelettbauweise. Das heißt, dass zunächst eine Konstruktion aus Stahl oder Stahlbeton gebaut wurde. Davor kam dann die Fassade, häufig aus Glas, die so genannte Glasvorhangfassade.
Aufgrund dieser Definition erkennt man, dass eine Einordnung "was ist Bauhaus" gar nicht so leicht ist. Im Hausbau wird daher auch ein Haus in kubischer Form mit grossflächigen Fenstern und Flachdach (in der Urform immer ohne vorstehendes Dach) als Bauhaus-Stil bezeichnet. Aus meiner Sicht kann man das so machen. Ich finde es auch zulässig, mit einer solchen Urform "zu spielen": Das kann dann eben durch ein anderes Dach (inkl. überstehende Elemente), durch Vorbauten usw. erfolgen.
Interessant wird das Ganze dann noch, wenn quasi Bauhaus-fremde Materialien zum Einsatz kommen: Zum Beispiel Holz als Holzständerbauweise: Optisch kann so ein Haus nach "Stein" aussehen, auch wenn innen drin Holz ist. Ich finde das legitim, weil Bauhaus für mich eine optische Wahrnehmung darstellt und ich die obenstehende Materialdefinition nur insofern teile, als sie eine entsprechende optische Wirkung hat. Als nicht bloss Stahl, Beton und Glas als reale Elemente, sondern die optische Wirkung einer verputzten Fassade (unabhängig des Baustoffes).
Mag sein, dass manche solche Bauten nicht mehr als Bauhaus-Stil betrachten - für mich sind es einfach individuelle Interpretationen von Bauhaus. Dieser Stil entwickelt sich (wie so manches im Leben) immer weiter.
Ich finde es immer spannend, wenn sich Bauherren ihren eigenen Stil schaffen, ihre eigenen Vorstellungen als Projekt realisieren.