Flachdachbungalow BJ 1970
Baujahr 1970 heißt vor der ersten Wärmeschutzverordnung von Nov. 1977 errichtet. Die meisten dieser Gebäude sind nicht nach energetischen Gesichtspunkten geplant und gebaut worden, sondern so, wie der Bauherr, Architekt und Zeitgeist gerade Lust hatten. Der Energiebedarf pro m² Wohnfläche ist bei Bungalows noch mal höher, weil es mehr Außenflächen pro m³ Luft gibt (ca. 30% mehr).
Liege ich da falsch oder klingt das erst einmal nach einer Menge Arbeit und Geld was da rein gesteckt werden muss ?
Das "Müssen" hat
@nordanney ja schon relativiert. Sinnvoll ist es, wenn man auch weitere 30-50 Jahre darin wohnen möchte aber an vielen Stellen.
Dach: Flachdächer aus dieser Zeit sind im allgemeinen nicht kritischer als heutige Flachdächer. Sie sind nur älter und neigen daher eher zu Undichtigkeiten, als nagelneue. Es gibt hier im Forum genug Beispiele für mangelhaft ausgeführte (und mangelhaft konstruierte!) Flachdächer. Wenn das Dach jetzt dicht ist, ist das schon mal ein Zeichen für eine vernünftige Planung und Ausführung.
Flachdächer aus den 60ern/70ern waren in der Regel Kaltdächer, also mit hinterlüfteter Dämmung. Kann man sich vorstellen, wie eine Decke mit Dämmung drin und darüber mit etwas Luft die Dacheindeckung.
Die Dachsparren sind da in der Regel nur 5-6 cm gedämmt, dann kommen so 10-20 cm Luft und dann die Abdeckung mit Abdichtung. Irgendwo ist dann noch die innenliegende Entwässerung. Sinnvoll ist hier eine deutliche Verstärkung der Dämmung über die komplette Sparrenbreite (20-24cm) und die Erneuerung der Abdichtung und Dacheindeckung. Das Ganze ist nicht günstig, sondern kostet in etwa so viel, wie bei einem Steildach auch: 150-200 €/m², also Größenordnung 30.000€. Das bekommst du über die reine Energiekostenersparnis nicht wieder rein, sollte aber auch als Investition in die Standsicherheit des Hauses gesehen werden. Dieser Eingriff erzeugt aber keinerlei Dreck oder Arbeiten im Inneren, kann also auch im bewohnten Zustand getätigt werden.
Keller: Üblicherweise sind die Keller nicht gedämmt und mit zweifachem Bitumendichtanstrich abgedichtet. Davon ist nu meist nicht mehr viel übrig. Wenn das Erdreich ausreichend durchlässig ist (kein Lehm) und kein aufstauendes Sickerwasser (z.B. Hanglage) besteht, sollte auch in Zukunft nichts gegen eine Nutzung des Kellers als Lagerraum sprechen.
Sind bereits flächige Durchfeuchtungen oder Kirstallablagerungen sichtbar oder sogar Putz/Betonablatzungen an Außenwänden, sollte die Außenabdichtung erneuert werden. Bei 140m² Bungalow macht das eine Menge Erde (2,5m tiefer 1m+ breiter Graben ums Haus) und eine menge Geld (ca 400€/laufenden Meter, hier ist die Bandbreite aber sehr groß). Ist nur eine Wand z.B. durch Hanglage betroffen, können die Arbeiten aber hierauf begrenzt werden. Die Arbeit an sich ist definitiv kein Spaß, aber handwerklich nicht ungeschickte können das auch selber machen - die Erdarbeiten sollte aber jemand mit Ahnung machen und entsprechend abböschen.
Bei entsprechender Dekckenhöhe im Keller (>2m) macht besonders bei Bungalows mit Vollkeller eine Dämmung der Kellerdecke von unten Sinn. Günstig, sauber zu machen, kann man selber machen und lohnt sich. Spart zudem eine teure Erneuerung des Estrichs darüber!
Wasser/Abwasser: Wasser meist in Stahl ausgeführt. Würde ich aus Sicherheitsgründen ersetzen, sollte einfach sein, bei Vollkeller, Abwasser muss ja bei Badumgestaltung eh neu gemacht werden und freiliegend im Keller kostet das fast nichts.
Elektrik: Zumindest den Sicherungskasten erneuern und die Elektrik anschauen. Bei ausreichend Sicherungskreisen und erkennbarer sinnvoller Aufteilung muss da nichts erneuert werden. Anders natürlich beim Wunsch nach mehr Steckdosen/Schaltern.
Fenster: Von 1970: Auf jeden Fall erneuern. 3-fach Verglasung mit warmer Kante: 300-500€/m² inkl. Einbau in Kunststoff, Spirenzchen wie Hebeschiebetüren sind natürlich teurer. Festverglaste Elemente sind günstiger. Bungalows aus der Zeit haben meist große Glasfronten, da bietet sich z.B. eine große Doppeltür und der Rest festverglast an.
Es gibt auch Ausnahmen. Teilweise wurden Riesen feste Glasfronten und eine große Schiebetür aus Meranti o.ä. verbaut mit Vordach. Die sehen dann noch aus wie neu. Da kann man einfach nur das Glas für 100€/m²tauschen lassen und hat wieder 30 Jahre Spaß daran.
Glasbausteinwände, so vorhanden, durch normale Fenster, festverglast ersetzen! Die sind nie Tragend, kann man einfach rausstemmen/hauen.
Heizung: Je nach Alter lassen oder tauschen. Wenn Gas vorhanden, würde ich mittelfristig auf Gas umstellen, ansonsten so lassen bzw. neue Brennwertheizung einbauen lassen. Die Heizkörper können bleiben, sinnvoller für niedrige Heizwassertemperaturen sind neuere Heizkörper. Die Leitungen sind unkritisch, die sind ja im Keller und die Rosten auch nicht weg oder so. Wenn doch, siehst du das ja direkt und hast keine großen Schäden oder aufwendige Buddelarbeiten. Neue Heizung: 8.000€+, Heizkörper mit Montage 500€ pro Stück.
Wände: Da gibt's alles mögliche. Lohnt sich in den seltensten Fällen, dort zusätzlich Dämmung aufzubringen. Wenn da Verblendmauerwerk dran ist, ist das zudem Langlebig bis ewig, also so lassen. Bei Holzständerbauweise was anderes, die sind aber in der Regel schon gar nicht schlecht gewesen damals.
Eher wichtig - Heizkörpernischen, so vorhanden, zumauern und Heizkörper davor setzen. Kostet nicht viel, kann man mit Porenbeton selber machen.
Fußboden: Schöner alter Fischgrat- oder Mosaikparkettboden: Abschleifen, ölen, weiternutzen!
Teppich/Linoleum/PVC-Platten: Raus und was neues (designboden oder Parkett je nach vorhandener Höhe)
Fliesen: Je nach Gusto
Estrich: So lassen, außer im Bad, wenn das erneuert wird, dann ganz mitmachen.
Kosten? 0-100€/m² je nach Gusto.
Ein Profi ist dringend hinzuziehen. Ich tippe bei der Sanierung auf mindestens 200k€. Tendenz eher mehr.
Und das hast du ohne Bilder, ohne Kenntnisse der Bauweise, des Zustands und ohne Kenntnis der Bedürfnisse und Anforderungen des Fragestellers ausgerechnet? Chapeau!
Jemand, der Erfahrung mit der Sanierung von Altbauten hat und der eure Ansprüche kennt, solltet ihr hinzuziehen. Vor dem Kauf, bei eigener Ahnungslosigkeit empfiehlt sich ein Sachverständiger (kein KFW-Vertriebler, sondern ein neutraler Sachverständiger). Den KfW-Vertriebler kann man auch hinterher noch hinzuziehen, wichtig ist erst mal, ob alles heile und vernünftig konstruiert ist.