Ausbauhaus: Massivhaus oder Fertighaus?

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C

ceritus80

Moin moin aus Niedersachsen,

wir haben ein schönes Grundstück gefunden und planen derzeit unser neues Haus. Fest steht mittlerweile das wir uns ein Haus vom Architekten zeichen lassen wollen. Mit den Unterlagen werden wir uns dann Angebote für ein Ausbauhaus erstellen lassen (Rohbau, Fenster, Haustür, Dach, Klinker). Den Rest der Gewerke werden wir in Eigenleistung erstellen oder vergeben.

Eigentlich tendiere ich ja eher zu einem Massivhaus, aber so richtig kann ich mich noch nicht entscheiden weil mir die Vor und Nachteile noch nicht ganz klar sind. Im Netz findet man zwar einiges zu dem Thema, aber so richtig schlau wird man daraus auch nicht. vielleicht könnt Ihr mir ja mal eure Erfahrungen bzw. Meinungen kundtun und ich erstelle dann eine Pro und Contra Liste.

Und natürlich bei den derzeitigen Baupreisen eine nicht ganz unwichtige Frage, was ist günstiger für uns?

Danke, schönen Sonntag
 
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11ant

11ant

Eigentlich tendiere ich ja eher zu einem Massivhaus, aber so richtig kann ich mich noch nicht entscheiden weil mir die Vor und Nachteile noch nicht ganz klar sind. [...] vielleicht könnt Ihr mir ja mal eure Erfahrungen bzw. Meinungen kundtun und ich erstelle dann eine Pro und Contra Liste. Und natürlich bei den derzeitigen Baupreisen eine nicht ganz unwichtige Frage, was ist günstiger für uns?
Vergiß´ das Heranpirschen an die für Euren Einzelfall konkret gültige Wahrheit über die Methode der Sportwette (welche der Mannschaften "Pro" oder "Contra" mehr Tore schießen wird). Das Ergebnis wird "42" nach Elfmeter in der Verlängerung lauten. Ein Partyspiel, mehr nicht. Das Gefährliche daran ist, daß es wie ein methodisches Vorgehen aussieht. Deine abschließend geäußerte Frage solltest Du besser voranstellen, und dann wie folgt vorgehen:
Fest steht mittlerweile das wir uns ein Haus vom Architekten zeichen lassen wollen. Mit den Unterlagen werden wir uns dann Angebote für ein Ausbauhaus erstellen lassen (Rohbau, Fenster, Haustür, Dach, Klinker). Den Rest der Gewerke werden wir in Eigenleistung erstellen oder vergeben.
Ja genau, laßt Euch ein Haus vom Architekten wirklich nur "zeichnen", d.h. den Architekten die Leistungsphasen 1 und 2 (Suchbegriffe: Modul A / Hausbau-Fahrplan) erledigen. Dann habt Ihr genau das, was Ihr zur weiteren Klärung benötigt, nämlich einen Vorentwurf (der auch noch bauweisenneutral ist). Mit diesem tretet Ihr an Anbieter "beiderlei Geschlechts" heran, also Bauunternehmen für sogenannte Massivhäuser und an sogenannte Fertighaushersteller. Vier bis fünf Anbieter wählt Ihr dazu aus: zwei Steiner, zwei Holzer und eventuell noch einen dritten beliebig von welcher der beiden Fraktionen. Allen diesen Anbietern stellt Ihr dieselben beiden Fragen, nämlich: "was kostet es, wenn Sie uns 1. genau diesen Hausentwurf* bauen; und 2. alternativ dazu ein ähnlichstmögliches Modell aus ihrem Katalog ?". Nun werdet Ihr Antworten bekommen - erwünschte / erwartete und unerwartete, konkrete und schwammige, spontane und solche nach einem Dialog. Dabei werdet Ihr mehr erfahren, als Euch lieb ist: über schnelle Verkäufer und kompetente Verkaufsberater, über Kompetenz, Dummheit, Seriösität und Dreistigkeit. Und auch genug verwertbare Aussagen ernten, um damit weiter arbeiten zu können. Es hängt nämlich von jedem konkreten Einzelfall ab, ob ein Eigenheimwunsch diesmal günstiger steinern oder hölzern zu verwirklichen ist.

Mit dem Ergebnis geht Ihr wieder zum Architekten, den Ihr nun den Vorentwurf weiter zum Entwurf entwickeln laßt. Falls das Ergebnis der Voranfragerunde "unentschieden" lautet, bleibt Euch der Würfelbecher oder Münzwurf nicht erspart. Ist das Ergebnis "pro Holz", macht der Architekt einen Entwurf für ein hölzernes Haus und Ihr tretet wieder an "Fertighaushersteller" heran, die dann ein genaueres Angebot und die Genehmigungsplanung und so weiter machen. Lautet das Ergebnis "pro Stein", macht der Architekt auch die Leistungsphasen 4 bis 7 und Ihr findet den Rohbau-GU mittels der Ausschreibung. Daß der Architekt nur bis zur Genehmigung planen würde und Ihr statt einer Ausschreibung sofort an GU´ heranträtet, hattet Ihr mit der Vorgabe "was günstiger ist" ja bereits klar ausgeschlossen, denn dieser Weg würde mehr Lehrgeld verschlingen als sich die Laienweisheit träumen ließe. Im vor der Tür stehenden November könnt Ihr die vorstehend beschriebene Vorgehensweise in der vierteiligen Beitragsreihe "Hausbau-Fahrplan reloaded" ausführlich nachlesen. Die weiteren Suchworte werden Euch als aufmerksame Leser meiner Beiträge (etwa des letzten Dreivierteljahres, weiter braucht Ihr nicht zurückblättern) ja bereits bekannt sein.

*) dabei fragt Ihr natürlich jeweils nach einem "wetterdichten Rohbau" - so oder ähnlich nennt sich die Ausbaustufe gemäß Eurer Beschreibung.
 
C

ceritus80

Abend,

Danke für die Hinweise, ich werde mir deinen Blog mal anschauen, im Prinzip wollen wir genau so vorgehen wie du es beschrieben hast.
Auf die Gespräche mit den Hausverkäufern freue ich mich schon, im Umgang mit Verkäufern/Beratern bin ich ganz gut geschult und auch nicht vollkommen branchenfremd.

Aber zurück zum Thema, den Punkt "Was ist günstiger/teurer" zurückgestellt, welche Vorteile/Nachteile gibt es noch zum Thema Fertighaus? Von den Hausverkäufern wurde bis jetzt folgende Gründe aufgeführt:

- Nachhaltigkeit aufgrund von nachwachsenden Rohstoffen (für mich kein Argument)
- Raumklima soll besser sein
- Im Sommer heizen sich Holzhäuser nicht auf bzw. speichern die Wärme nicht so extrem wie Massiv
- KFW 40 einfacher und kostengünstiger zu erreichen
- dünnere Wände und es ist einfacher etwas aufzuhängen (für mich kein Argument, wofür gibt es Dübel)
- Schallschutz innen und außen soll besser sein
 
A

Allthewayup

Zum Thema Holz oder Massiv:
Bereits vor Jahrzehnten war eines der Verkaufsargumente die Langlebigkeit moderner Holzhäuser. In der jeweiligen Gegenwart spricht man ja immer von „modern“. Mittlerweile sind viele dieser Bauten aufwendig saniert oder abgerissen worden. Wir hatten auch so einen 70iger Jahre Schuhkarton. Heute benutzen die Verkäufer immer noch das gleiche Verkaufsargument ist uns aufgefallen. Ob es sich diesmal bewahrheitet wissen wir aber wohl erst in einigen Jahrzehnten. Natürlich ist der Standard der Holzhäuser heute ein anderer aber das Steinhaus hat sich bereits bewiesen und das zum Teil unverändert in seiner Machart.
Das mit dem Aufheizen eines Steinhauses halte ich ebenfalls für eine Stammtischfloskel. Sonnenschutz ist das Zauberwort. Gefüllte Ziegel kommen ab einer gewissen Stärke ebenfalls auf sehr gute Dämmwerte. Subjektiv fanden wir es im Hochsommer in Holzständerhäusern immer etwas wärmer als in Steinhäusern. Ein Vorteil für manche könnte die kürzere Bauzeit sein, der Entfall von Trocknungszeiten für Wandputze, usw. Am Ende wurde es bei uns aber das Steinhaus da wir nicht weit von der Donau entfernt liegen und 1999 diese bereits bis zur Haustüre stand. Ich wage zu behaupten, dass ein Steinhaus einen massiven Wasserschaden besser wegsteckt als ein Holzhaus bzw. die Sanierung im direkten Vergleich einfacher und günstiger zu realisieren ist.
 
11ant

11ant

Auf die Gespräche mit den Hausverkäufern freue ich mich schon, [...] Aber zurück zum Thema, den Punkt "Was ist günstiger/teurer" zurückgestellt, welche Vorteile/Nachteile gibt es noch zum Thema Fertighaus? Von den Hausverkäufern wurde bis jetzt folgende Gründe aufgeführt:
Weshalb freust Du Dich auf die Gespräche mit den Hausverkäufern ? (profunde Produktkenntnis haben nur eine Minderheit von ihnen). Viel mehr als das Amüsement, sie zu beobachten, wie (un)elegant sie Konkurrenzangebote schlechtreden und/oder die Kunden für tumbe Tropfe halten, hat man dabei kaum zu erwarten. Die "Vor- und Nachteile" sind im Einzelnen insofern uninteressant, wie sie austauschbar sind: Fakten gibt es, Argumente auch, aber die Schnittmenge zwischen beiden ist vernachlässigbar. Jeder Verkäufer versucht einem einen anderen Bären aufzubinden - aber sogar daraus kann man kaum vernünftige Entscheidungsgründe ableiten, denn leider kann es durchaus sein, daß zufällig der dummdreisteste Schwätzer trotzdem das beste Produkt hat. Und das würde einem dann entgehen, wenn man dieser Firma die dicksten Minuspunkte gäbe.

Es bleibt einem also wenig anderes übrig, als Verkauf und Beratung zu trennen und etwas in Anspruch zu nehmen, was man bei Versicherungsprodukten "Honorarberatung" nennt. Oder eben selber Ahnung zu haben. Von den Verkaufsargumenten sind mitnichten alle gelogen oder objektiv nicht relevant, aber subjektiv relevant sind in jedem einzelnen konkreten Fall per Saldo andere. Das Nurvorteileprodukt gibt es ebensowenig wie das Nurnachteileprodukt, und Dein relativ bester Kompromiß mag ein ganz anderer sein als meiner. Deshalb finde ich als Berater immer wichtig, eben zu beraten statt zu bevormunden. D.h. meine Ratnehmer zu "coachen", ihre Wahrheit herauszufinden und ihnen zur eigenen Gewichtung aufzubereiten, wo die Unterschiede im jeweiligen konkreten Vergleich liegen.

Als Black Box zu sagen "Anbieter X ist der Beste, mein Rechenweg ist geheim - glaube es mir, denn ich habe die Weisheit gepachtet oder mit Löffeln gefressen" nützte Dir wenig, und deshalb halte ich nichts davon. Du wirst hier auch schon mehrfach von mir gelesen haben können, daß ich andere Berater für nicht weniger kompetent halte als mich selbst (Verkaufsberater tun das selten bis nie), und für Interessenten mit der festen Überzeugung, ein "Fertig"haus sei ihr Glück, halte ich die entsprechenden von mir auch regelmäßig erwähnten spezialisierten Kollegen sogar für die bessere Wahl. Erst vor weniger als zehn Tagen habe ich die vierte Folge meiner Kellerregel-Reihe spontan mit dem Hinweis und Link auf ein ofenfrisches Erklärvideo eines Kollegen geupdatet; und an anderer Stelle habe ich sogar einen markengebundenen "Fertig"hausvertriebler mehrmals lobend erwähnt (weil der vernünftig berät und den Leuten Tipps gibt, die ihnen anbieterunabhängig nützen).

Ja, auch markengebundene Provisionsberater müssen nicht schlecht sein. Im übrigen sind auch freie Architekten eine gute Adresse, wenn man zumindest anbieterneutral zu seinem optimalen Eigenheim begleitet werden will. Bauweisenneutral sind Architekten leider nicht immer, viele sind sehr dem steinernen oder hölzernen Fahrwasser verhaftet. Auch aus diesem Grund rate ich zur Architektenbeauftragung zunächst nur mit dem "Modul A" (wie ich es im Hausbau-Fahrplan nenne, also den Leistungsphasen 1 und 2), weil bis da ein quasi noch "omnipotenter" Vorentwurf entsteht, und der Bauherr in der Teigruhe zu einer Weichenstellung finden kann, die möglicherweise anschließend einen Architektenwechsel initiiert.

Einen der von Dir genannten Aspekte möchte ich dennoch stellvertretend einmal herausgreifen, nämlich die Gesamt-Wandstärke: als ich mich vor vierzig Jahren mit dem Thema Bauberatung zu beschäftigen begann, sprachen wir hier von signifikanten Unterschieden. Da war das typische "Fertig"haus ein monolithisch gemauertes mit 30 cm Wandstärke, das Kaliber 365 war gerade erst im Kommen. Das "Fertig"haus hatte damals um 16 cm Wandstärke, dabei wärmedurchgangsmäßig um zwei Oktaven besser, und meist wie heute fälschlich als Holz"ständer"bauweise bezeichnet als Wärmedämmintegralsystem aufgebaut.

Heute sprechen wir (um es einmal mit Hilmar Koppers Worten zu sagen) von "Peanuts", nämlich von jeweils nur zwei bis drei Zentimetern unterschiedlicher Wandstärke bei gleicher Effizienzklasse (also EH55/Gebäudeenergiegesetz oder EH40 jeweils "Äpfel mit Äpfeln" oder "Birnen mit Birnen" verglichen), und das quer von monolithisch über WDVS zu WDIS verglichen. Ja, in EH40 sind die Steiner meist teurer als die Holzer. Den Aspekt Wohnklima kannst Du am Markt praktisch vergessen, da die Lehmbauer Nischenanbieter sind, statistisch / stückzahlmäßig also faktisch nicht von Gewicht. Aber immerhin sind sich da die "Massiv"- und die "Fertig"-Platzhirsche einig: der lachende Dritte sei doch esoterischer Kram. Na, immerhin haben sie einen "gemeinsamen Feind" ;-)
 
Y

ypg

Ob Stein oder HTB
Meist ist es ein Bauchgefühl, eine Erinnerung an früher oder etwas, was man rational nicht fassen kann. Die Opfer der Fluten werden deshalb wohl eher zu massiv tendieren (s.o.). Konservative Menschen wohl auch.
Andere finden Holz spannender oder haptischer als Steine oder die Fertighausbranche vom Grundsatz spannend und liebäugeln deshalb mit HTB, also Holztafelbauweise.
Auf die Gespräche mit den Hausverkäufern freue ich mich schon, im Umgang mit Verkäufern/Beratern bin ich ganz gut geschult und auch nicht vollkommen branchenfremd.
Ich würde da etwas unvoreingenommener rangehen. Letztendlich sind die Zeiten selten geworden, wo sich Verkäufer aufgedrängt haben. Vergiss nicht: Du willst etwas und bist privat da ;)
 
Zuletzt aktualisiert 17.11.2024
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