Hallo Fragesteller.
Bei derartig technisch komplexen Angelegenheiten sollte man sich nicht auf Halbwissen stützen! Deswegen hier die fachlich korrekte Auskunft:
"Bei uns ist es so das der Estrich am 24.07. gelegt wurde. Am 20.08. wurde mit dem Fliesenlegen begonnen."
Antwort:
Nach nicht einmal 4 Wochen besteht die Hoffnung, dass der Estrich über die Verlegereife verfügt, nur dann, wenn ein Schnellestrich oder ein Calciumsulfatfließestrich verbaut wurde.
Die Verlegereife festzustellen (in diesem Fall die Trockenheit) ist die Aufgabe des Boden- oder Fliesenlegers!
Er hat diese Prüfung nach dem CM-Verfahren durchzuführen, und zwar als Regelprüfung!
Wenn die Fußbodenheizung bis zum Zeitpunkt der Fliesenverlegung noch nicht in Betrieb war, ist die Gefahr der zu großen Restfeuchte im Estrich sehr wahrscheinlich.
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"Die Fliesen wurden jedoch mit einer Entkopplungsmatte gelegt da wir bis jetzt immer noch nicht heizen können."
Antwort:
Eine Entkopplungsmatte hat mit der Restfeuchte überhaupt nichts zu tun! Diese wird bei kritischen, sprich: bei rissgefährdeten Estrichen eingesetzt. In diesem Fall machte sie nur Sinn, um die Handwerkerrechnung um eine Position zu erweitern.
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"Der Fliesenleger sagte uns das wir diese (Anm. die Fußbodenheizung) eh frühestens 4 Wochen nach dem Fliesen einschalten dürften und dann aber nur Stück für Stück."
Antwort:
Falsch und unsinnig!
Erst wird ein Heizestrich aufgeheizt, dann eine CM-Messung durchgeführt, erst danach (bei ausreichender Austrocknung) erfolgt die Fliesenverlegung!
Das Aufheizen erfolgt im Übringen nach einem vorgegebenen Protokoll gemäß "Schnittstellenkoordination bei beheizten Fußbodenkonstruktionen", also nicht schwammig formuliert wie "Stück für Stück"!
Das Protokoll kannst Du Dir downloaden unter
bfse.de/assets/Uploads/buecher/BVF20Schnittstellen1.pdf
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"Außerdem wüsste ich gerne ob es schlimm ist das der Estrich nicht durch die Fußbodenheizung getrocknet wurde?"
Antwort:
Grundsätzlich trocknen Estriche, unabhängig vom jeweiligen Bindemittel, auch ohne Beheizung aus.
Bei Heizestrichen ist es allerdings so, dass die obere Estrichrandzone meistens (da mit der Luft in Kontakt stehend) trockener ist als die untere Estrichrandzone.
Dort sammelt sich die Feuchtigkeit an und wird erst nach dem 2. Aufheizen aus dem Estrichgefüge heraus transportiert.
Allerdings nur dann, wenn die Estrichoberfläche dies zulässt.
In Deinem Fall wurden wasserdampfdichte Fliesen verlegt, was eine erhebliche Behinderung der Austrocknung bedeutet.
Nachholen kann man das nun nicht mehr!
Was wird in den nächsten 6 bis 15 Monaten geschehen?
Soweit sich denn zum Zeitpunkt der Fliesenverlegung noch eine entsprechend hohe Feuchtigkeit im Estrich befunden hat wird der Estrich sehr langsam nachtrocknen.
Doch die Freude weicht mit dem Hinweis, dass die trocknungsbedingte Verformung des Estrichs, die ohne jeden Oberbelag unbemerkt vonstatten geht, nun zu einer erheblichen Verkrümmung der Estrichscheibe(n) führen wird, wodurch auch die Fliesen (da fest verklebt) sich aufwölben werden.
Durch die Druckbeanspruchung (durch Nutzung) werden die Fliesen einbrechen! Ohne Scherz.
Das zeigt sich zuerst in Form feiner Risse, welche sich über die Gesamtfläche ziehen werden.
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Was ist zu tun?
Alles dokumentieren!!!!!!
Was im Bauablauf wann geschehen oder nicht geschehen ist (wie die nicht durchgeführte CM-Messung).
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Du erkennst vielleicht an dieser Stelle, dass unverbindliche Antworten in einem Netzwerk nicht immer das zutage bringen, worauf es ankommt, was tatsächlich wichtig ist.
Ich wünsche auf jeden Fall viel Erfolg auf dem zukünftigen Weg: KlaRa