Guten Tag zusammen,
bin ganz neu hier im Forum und als ich mich anmeldete, fiel mir spontan der Username Al Capone ein, weiß auch nicht warum. Ich bin seit rund 30 Jahren Baufinanzierungsmakler und denke, daß ich den einen oder anderen guten Tipp zu der gestellten Frage geben kann.
Grundsätzlich ist der Aufbau einer gescheiten und für den individuellen Fall passenden Finanzierung immer erst nach Kenntnis aller infrage kommenden Parameter möglich. So versende ich z.B. einen rund 5 seitigen Fragebogen, der nach heutigem Stand alle wichtigen Bereiche der Interessenten abdeckt. Allerdings ist es auch mit dem Wissen dann leider nicht möglich, sich gegen alle Unwägbarkeiten abzusichern; aber ich meine, daß das auch nicht der Zweck sein kann. Motto: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Aus der Fragestellung lese ich "meine Freundin" und da fällt mir ein, daß sich die Allerwenigsten Gedanke darüber machen, was passiert, wenn die Beziehung nicht hält oder z.B. durch Tod eines Partners beendet wird. Deswegen hier mein dringender Appell, diese Punkte mit einem Anwalt des Vertrauens zu besprechen und zu schauen, wie man hier eine faire Regelung in ein Vertragswerk gießt. Das ist m.E. Eier der wichtigsten Punkte von allen.
Der weitere wäre ganz kompromißlos einen persönlichen Finanzierungs-Check zu machen, um festzustellen, wo man selber steht und was gehen könnte. Hier sollten dann gern geplante Änderungen wie Kinderwunsch etc. einfließen.
Hat man das erledigt, stellt sich die Frage nach einem für sich passenden Wohnraumbedarf bzw. Wohnraumprogramm, der heute praktisch und akzeptabel ist; der aber auch später unproblematisch angepaßt werden können muss. Vielfach geht das später überhaupt nicht.
Häufig erlebe ich in meinen Beratungen, daß die zukünftigen Bauherr(inn)en ganz illusorische Vorstellungen an Grundrisse etc. (z.B. Spitzerker - sieht vielleicht von der Optik her gut aus, ist aber sehr teuer und bringt null bzw. nur sehr eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten) oder Ausstattungsdetails haben, die einfach nicht zu Ende gedacht sind.
Die größte und wichtigste Arbeit ist es nämlich jetzt, sich einen Grundriss zu erstellen, mit dem man super zufrieden ist - und das nicht nur heute, sondern auch noch morgen.
Ist der Grundriss gefinert, folgert daraus das Grundstück; denn der Grundriss mit seinen Abmaßen gibt ja quasi das Grundstück vor.
Ist das Grundstück gefunden, sollte ein Bodengutachten klären, ob es uneingeschränkt bebaut werden kann und womit man grundsätzlich rechnen muss. Niemand kauf sich ein Auto für 60 - 80 oder 100.000 € und vertraut dann seinem Instinkt. Logischerweise läßt man(n) (auch Frau) Gutachter, TÜV oder wen auch immer draufschauen, damit man keine Fehler macht. Beim Grundstück sollte es nicht anders sein, oder?
Jetzt weiß man auch, welche Nebenkosten auf einen zukommen; denn die Bebaubarkeit definiert so ziemlich alle weiteren Kosten. Bei den Nebenkosten darf man sich keinen Sand in die Augen streuen lassen; denn nicht selten kommen da Summen von 30.000 oder mehr Euro zusammen.
Also Grundstück plus Nebenkosten ergeben schon einen größten Teil der zukünftigen Investition.
Jetzt geht es darum, wer denn das
Traumhaus erstellen soll. Das ist der Teil, den die Bauherr(innen)en mit sich selbst ausmachen müssen; denn für alles gibt es bekanntlich Für und Wider. Ob also "Holzhaus" oder "Massiv", ob "Schlüsselfertig" oder in einer anderen Herstellungsvariante, das sind Punkte, bei denen man das eine oder andere sagen kann; aber entscheiden...
Wenn Eigenleistungen (Muskelhypothek) eingeplant sind, dann sollte man kritisch mal ein Zeitkonto anlegen. Grundsätzlich braucht der Selberbauer rund 30% mehr an Zeit als ein Handwerker, der diese Tätigkeit jeden Tag ausführt. Meistens ist die Qualität dann leider auch nicht die gleiche.
Dann sollte geschaut werden, wer denn alles hilft, was die Leute können und wie zuverlässig sie sind. Auch hier lassen sich Ableitungen in das Zeitkonto machen. Bitte nicht vergessen: Helfer müssen bei der BG versichert werden; sonst kann das bös ins Auge gehen.
Hat man das alles erfasst, ergibt sich der Hauspreis und das Material, das man noch kaufen muss. Eingespart wird ja bekanntlich nur der Lohn.
Jetzt ergibt sich nach Abzug des Eigenkapitals, das man einsetzen will, die Finanzierungssumme. Hier schaut man zunächst nach allen zur Verfügung stehenden staatlich Fördermitteln und zinsverbilligten Darlehen oder Zuschüssen, die genutzt werden können. Hier gilt: "Dummheit schützt vor Strafe nicht"; denn vorbei ist vorbei und da hilft dann auch kein: "Habe ich nicht gewußt"
Die "Restfinanzierung" wird jetzt nach den Wünschen der Bauherr(innen)en ausgeformt, d.h. alle relevanten Anforderungen werden umgesetzt. Wichtig und häufig übersehen ist z.B. der Punkt, ob eine Finanzierung weiterverkauft werden darf oder nicht. Das kann fatale Folgen haben.
Hat man(n) (auch Frau) die Arbeit so erledigt, erlebt man viel Freude im neuen Haus - fühlt sich wohl - kommt gern nach Hause - und nimmt auch die Post ohne dunkle Vorahnungen aus dem Briefkasten.) Apropos: Rechtsschutz vor dem Bauvorhaben überprüfen; obwohl ein gewisser Teil des Bauens nicht versicherbar ist, bleibt immer noch ein großer Teil, bei dem es gut ist zu wissen, daß man eine funktionierende RS hat.
Und damit es hier nicht zu lang wird: Ein guter Baufinanzierungsmakler ist immer sein Geld wert; denn Baufinanzierung geht (meistens) nicht mit ein paar Klicks im Internet; auch wenn man das Ihnen gern weismachen will. Deswegen taugen auch die geposteten Finanzierungsrechner nur bedingt etwas. Der eigentliche Grund, warum es die gibt, ist der, daß der Interessent auf der Seite bleibt und hoffentlich auch dann die Finanzierungsanfrage stellt.
Ich hoffe, meine kurzen Erläuterungen haben ein bißchen weitergeholfen.
Wünsche einen schönen Tag