Beim Neubau von Gebäuden und größeren Umbaumaßnahmen besteht grundsätzlich ein erhöhtes Wasserschadens- und Kondenswasserrisiko und damit die Gefahr mikrobieller Besiedlungen auf Bauteilen. Niederschlagswasser kann durch den oft nur behelfsmäßigen Schutz des Bauwerks eindringen (Regenwasserschäden im Dachbereich und in den oberen Etagen, Wassereinträge aus der Baustelle in die Kellerräume). Insbesondere bei Winterbaustellen kann der Kondenswasserausfall durch Wasser aus dem verbauten Betonbauteilen und Mauerwerk, aus den frisch eingebauten Putzen, Estrichen über Wochen zu relativen Feuchten über 90 % führen. In der Folge kann es zu Schimmelpilzbefall meist an den Holzträgern des Dachstuhls und an der Mineralfaserdämmung, den Putzoberflächen, Gipskartonplatten kommen. Häufige enstehen Probleme auch durch nicht sachgerechte Luftdichtheitsebenen oder Beschädigungen an der Dampfbremsfolie durch nachfolgende Gewerke (Kabeldurchführungen, Abluftkanäle, Anschlüsse von Solaranlagen). Bei starken Anfeuchtungen im ausgebauten Zustand können durch ablaufendes Wasser auch die Dämmschichten im Fußbodenaufbau: Polystyrol oder organische Schüttungen aus Getreidespelzen oder Holzfasern sehr schnell verschimmeln.
Durch einen angepassten Bauablauf, ausreichende Abtrocknungszeiten, richtiges Feuchtemanagement, Zwischenreinigungen ohne Besen und Lüftungen sowie schnelle und sachgerechte Bearbeitung von Wasserschäden können die mikrobielle Folgeschäden minimiert oder vermieden werden.
Aus dem BGH-Urteil lassen sich für Bauherren aus rechtlicher Sicht hohe Anforderungen an einen „schimmelpilzfreien Zustand“ ableiten. Mit der normalen Baupraxis ist dieser abstrakte rechtliche Anspruch nur selten in Übereinstimmung zu bringen, denn Holzbauteile oder andere organische Baumaterialien können bereits bei der Anlieferung kleineren Schimmel- oder Bakterienbefall aufweisen und ein absolut schimmelfreies Bauwerk ist nur theoretisch denkbar. Die Vorgaben des Umweltbundeamtes (Schimmelpilz-Leitfaden 2017 u.a.) beziehen sich im Wesentlichen auf hygienische Beeinträchtigungen durch Schimmelschäden, sind also für die Bewertung von werksvertraglichen Ansprüchen und die Übernahme eines mangelfreien Bauwerks nur bedingt verwertbar. Die berechtigten Ansprüche, keine mikrobiologischen Schäden zu übernehmen, erfordern daher eine gründliche Untersuchung auf eventuelle mikrobiologische Schäden, eine saubere Schadensabgrenzung und seriöse Bewertung. Dies ist die Grundlage für angemessene Sanierungslösungen. Der Schadenszustand muss detailliert dokumentiert werden, ebenso wie die ausgeführten Maßnahmen und die Befunde der messtechnischen Nachkontrolle.
Für eine Sanierung von Schimmelproblemen während der Baumaßnahmen ist oft das Erarbeiten und die Abstimmung einer gemeinsam von den Bauherren und vom Bauträger getragenen Vorgehensweise der richtige Weg. Wenn man sich über den Sanierungsweg einig ist, können innerhalb weniger Wochen wirksame und nachhaltige Maßnahmen umgesetzt werden, die ein mangelfreies, hygienisch unbedenkliches Gebäudes zum Ergebnis haben. Die Einigung auf eine zeitnahe Sanierung ist meist besser als jahrelange Rechtsstreitigkeiten vor Landgerichten mit hohen Kosten für Gerichtsgutachter und Anwälte, zusätzlichem Nutzungsausfall/ Mietkosten sowie einer unklaren Perspektive, da die Gerichte auch bei klarer Befundlage heute sehr unterschiedlich über die Anerkennung von Neubauschäden entscheiden.
Wir bieten unsere 20 Jahre Projekterfahrung für die Schadensdokumentation, Erarbeitung einer Sanierungslösung und eine vermittelnde Rolle zwischen Bauherren und Bauträger.
Schimmelursachen in Neubauten/ bei Umbaumaßnahmen
Typische Schäden in der Rohbauphase sind starke Niederschlagseinträge oder Wassereinbrüche von außen: Durch Unwetterereignisse, Starkregenperioden oder Defekte an der Gebäudeabdichtung oder Installation können tausende Liter Wasser in der Bauphase in den Rohbau eindringen. Bei Aufstockungen auf Bestandgebäuden kann es durch das Betonieren an der obersten Geschossdecke zu Durchfeuchtungen und Verschimmelungen auf Putzoberflächen und Holzträgern des Bestandgebäudes kommen. Ein weiteres mögliches Schadensszenario ist, dass durch Kelleröffnungen oder am Fundamentsockel Niederschlagswasser eindringt und Überflutungen im Keller führt.
Als schimmelanfällig haben sich besonders Baumaßnahmen in Bestandsbauten erwiesen, die bereits mikrobielle Vorschäden an Dachstühlen, Decken oder in den Kellerräumen aufweisen, da hier eine schnellere Neu- oder Wiederbesiedlung stattfindet als auf den neu eingebauten Baumaterialien.
Kondenswasserschäden entstehen in Neubauten oft in den Wintermonaten meist kurz nach dem aufeinanderfolgenden Einbau von Wandputzen und Estrichen. Wenn nicht auf eine ausreichende Abtrocknungsphase zwischen diesen Baumaßnahmen geachtet wird, ist es schwierig die tausende Liter eingebauten Wassers schadensfrei aus dem Gebäude zu lüften. Bei anhaltender Kondensation oder Luftfeuchten über 90% kann es bereits nach ca. 5 - 7 Tagen zu sichtbarem Schimmelpilzbefall auf Bauteiloberflächen kommen. Bei Defekten an der Luftdichtheitsebene oder falscher Ausführung können die angrenzenden Sparrenfelder durchfeuchten. Besonders schimmelgefährdet bei Kondenswasserschäden sind Gipsputze, Gipskarton, Fermazellplatten, Holzfaserplatten, wie OSB und Presspanplatten, verlorene Schalungen. Aber auch weniger anfälligen, aber mit Baustaubanhaftungen verschmutzte Oberflächen wie die Betonunterseite der Geschossdecken, Mauerwerk, Kunststoff-Fensterrahmen, Estrichoberflächen können verschimmeln.
Sobald die dunklen oder farbigen Kolonien als sichtbare Zeichen für Befall erkennbar sind, ist auch mit Sporenfreisetzung und -verfrachtung zu rechnen. Ab diesem Zeitpunkt kann auch eine Kontamination nicht primär befallener Bereiche stattfinden. Eine Abschottung der befallenen Räume und Gebäudeteile ist daher wichtig, ebenso sollte eine unkontrollierte Trocknung befallener Oberflächen mit Warmluftzirkulation vermieden werden.
Nur durch ein schnelles und sachgerechtes Handeln können bleibende Mängel an der Bausubstanz und mögliche gesundheitliche Gefährdung für die Nutzer verhindert werden.
Gesundheitsgefahr durch Schimmel in Neubauten
Abhängig vom Schadensablauf, dem Feuchtigkeitsangebot und den besiedelten Oberflächen bildet sich in Neubauten meist ein schadenstypischer Befall. Auf Oberflächen mit direkter Wassereinwirkung (Wasserschäden/ Rohbauschäden) auf Leichtbauplatten, Holz und organischen Schüttungen im Fußboden dominieren dann typische Wasserschadenspilze, wie Stachybotrys, Chaetomium oder Trichoderma, die insgesamt als gesundheitlich kritischer eingestuft werden. Auf den Kondenswasserschadensbereichen entwickeln sich in der Regel anspruchslosere und unkritischere Pilze, wie Cladosporium, Pencillium, Aspergillus oder Alternaria. Diese Pilze sind unter dem gesundheitlichen Aspekt der nicht ganz so kritisch einzustufen, wie die vorgenannten Wasserschadenskeime. Kondenswasserpilze sollten, auch wenn sie teilweise in der Außenluft vorliegen, als Befallsflächen nicht in Neubauten toleriert werden.
Bewertung von Schimmelpilzbefall im Neubau, Regelungen und Vorgaben Umweltbundesamt (UBA) u.a.
Zurzeit existieren keine verbindlichen Vorgaben von öffentlicher Seite (Umweltbundesamt, Baugesetzgebung) zur üblichen mikrobiologische Beschaffenheit von Neubauten. Der aktuelle UBA-Schimmelleitfaden 2017 und in die nachgereichten erläuternden Veröffentlichungen des UBA bewerten Schimmelbefall am Dachaufbau und in nicht für Wohnzwecke genutzten Spitzböden und Kellerräumen aus hygienischer Sicht eher unkritisch, niedrige Anforderungen der Nutzungsklasse III (Quelle Schimmelpilz-Leitfaden des UBA 2017):
Trotzdem stellt signifikanter Primärbefall an Bauteiloberflächen im Dach oder Keller in rechtlicher Hinsicht einen sanierungsbedürftigen Mangel, weil sie nicht dem üblichen Lieferzustand entsprechen dar. Die verschiedenen Handwerker sind für die Schimmelfreiheit ihrer Leistung solange verantwortlich, wie noch keine Abnahme erfolgt ist. Sie müssen also die von ihnen eingebauten Bauteile auch nach Abschluss der Arbeiten vor Kondenswasser und Schimmel schützen.
In Anlehnung an das Dachstuhl-Urteil des BGH sollten Neubauten frei von Primärbefall und erhöhten Sporenablagerungen sein. Ob eine nachgewiesene Gesundheitsgefährdung durch erhöhte Raumluft- oder Oberflächenkonzentrationen an Schimmelsporen nachgewiesen werden und eine daraus resultierende Gesundheitsgefährdung abgeleitet wird, ist für die rechtliche Bewertung erst einmal zweitrangig.
Ein absolut sporenfreier Zustand wird unter der normalen Baustellenbedingungen nicht herstellbar sein und kann daher vom Bauherren nur schwer eingefordert werden, da ja auch Außenlufteinträge typischer Schimmelpilzsporen wie Cladosporium, Alteraria und in geringerem Umfang auch Penicillium und Aspergillus stattfinden, diese Sporen also mit eingebaut werden.
Wegen dieser rechtlichen Grauzone kommt einer qualifizierten und seriösen gutachterlichen Untersuchung und Bewertung besondere Bedeutung zu. Durch gezielte Beprobung, Auswahl der richtigen Beprobungs- und Analyseverfahren und richtige Einordnung der Befunde muss überprüft werden, ob in dem zu untersuchenden Objekt signifikante und damit sanierungsbedürftige mikrobielle Schäden vorhanden sind oder nur kleinere Verfärbungen und Sporenkontaminationen, die als eine unauffällige übliche Beschaffenheit einzustufen sind. Von dieser Bewertung kann es abhängen, ob Gebäude 5 Jahre Gegenstand eines Rechtsstreits werden oder nach einer kurzen Unterbrechung für die Sanierung fertiggestellt sind und bewohnt werden können.
Nach einer Sanierung sollten die üblichen Hintergrundkonzentrationen nicht überschritten werden und es sollten keine Mängel im Sinne unsanierter Vorschäden verbleiben, die vom normalen, unauffälligen Lieferzustand abweichen. Auch getrocknete oder desinfizierte Befallsflächen mit inaktiven, also nicht anzüchtbaren Schimmelpilzbefallsresten sind gemäß früherer Veröffentlichungen des Umweltbundesamt mit gesundheitlichen Risiken für die Nutzer verbunden:
„Feuchtschäden mit Schimmelpilzwachstum können nachweislich zu Gesundheitsproblemen führen. Daher empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA) eine fachgerechte Sanierung: Das umfasst die Beseitigung der Ursachen, die zum Feuchtschaden und damit zum Schimmelpilzwachstum führten, die Reinigung von it Schimmelpilzen befallenen Materialien, wo dies nicht möglich ist, deren Entfernung sowie eine abschließende Feinreinigung der ganzen Wohnung, um noch vorhandene Schimmelpilzsporen zu beseitigen.“ /15/
Es gibt in Deutschland zurzeit eine weitgehend einheitliche Bewertung, welche Schimmelpilzkonzentrationen in unauffälligen/ unbelasteten Neubau-Materialien üblicherweise anzutreffen sind. Die strengste Vorgabe ist in der jüngsten Veröffentlichung aus dem BLEI-Institut 2014 /20/, in der Konzentrationen unter 1000 KBE Schimmelpilze/g als „kein Nachweis einer Besiedlung/ Hintergrund“ angegeben werden. Die übrigen Veröffentlichungen geben diese Grenze mit 5000 KBE Schimmelpilze/g (Labor Umweltmykologie/Trautmann) beziehungsweise 10.000 KBE Schimmelpilze/g (Umweltbundesamt, Labor URBANUS) an.
Aus den eigenen Projekterfahrungen des Unterzeichnens der vergangenen 15 Jahre in Neubauten liegen die üblichen Hintergrundkonzentrationen ungeschädigter Polystyrol-Trittschalldämmung ebenfalls bei unter 10.000 KBE Schimmelpilze/g bei Bebrütungen.
Quelle: IGU Ingenieurbüro Gesundheit + Umwelt