Kosten für Bauantrag nur 40 Euro wegen Freistellungs-Antrag?

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G

Geisti

Guten Morgen!

Kann es sein, dass die Kosten für einen Bauantrag nur 40 Euro sind?
Freunde sagen, dass es bei ihnen so war, weil sie einen freisteller Antrag haben, da sie sich an den Bebauungsplan halten,
Aber im Internet lese ich immer, dass die Kosten für den Bauantrag prozentual zu den Kosten des Bauvorhabens sind.
Ich frage, weil wir selbst bald bauen wollen, und ich die Nebenkosten besser einschätzen will.

Danke für eure Antworten!
 
R

ruppsn

Hallo Geisti, ich denke da gehen ein paar Begriffe durcheinander. Also die Gebühr zahlst Du für die Baugenehmigung, nicht für den Antrag. Ihre Höhe ist in der Tat unterschiedlich und richtet sich nach der Art der Genehmigung:
Das Genehmigungsfreistellungsverfahren ist eine Art Selbsterklärung, dass Du als Bauherr die Vorgaben des Bebauungsplan erfüllen wirst. Die „Baugenehmigung“ erteilt hier nicht die genehmigende Behörde (bspw. in Bayern das Landratsamt, kurz LRA), sondern die Gemeinde. D.h. Dein eingereichter Bauantrag wird von der Gemeinde kurz auf Vollständigkeit geprüft und ganz grob nur überflogen und dann erteilt. Dieses kostet in der Größenordnung 40€.

Wichtig ist hier zu berücksichtigen, dass diese Genehmigungen eine sogenannte aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet, dass im Bauprozess jeder, dem irgendwas an Deinem Bau nicht gefällt, bei der genehmigenden Behörde (bspw. LRA) anrufen kann, um Deinen Bau sofort zu stoppen. Sprich, jemandem (nicht nur der Nachbar) gefällt irgendwas nicht, ruft bei der Behörde an und bittet um Überprüfung - dann ergeht von der Behörde sofort ein Baustopp bis das geklärt ist. Die Weiterführung wird also aufgeschoben.

Anders ist es bei der eigentlichen Baugenehmigung, deren Gebühr sich prozentual (1-2%) an den Baukosten orientiert. Die erteilt die genehmigende Behörde, prüft den Antrag detaillierter und erteilt (wenn ok) eine Baugenehmigung ohne aufschiebende Wirkung, d.h. Einsprüche führen NICHT zum sofortigen Baustopp.

Bei uns im Neubaugebiet ist das einem Bauherren zum Verhängnis geworden - zu recht. Er hat nach Genehmigungsfreistellung bauen wollen, dann aber Abstandsflächen und Niveauhöhen wie auch Grundflächenzahl nicht eingehalten (ich hätte zwar angenommen, dass die Gemeinde das prüft, war aber nicht so)
Folge: die umliegenden Nachbarn haben nach dem Gießen der Bodenplatte bemerkt, dass das sehr groß ausschaut und bei der Behörde um Überprüfung gebeten. Der Bau ruht jetzt ein 3/4 Jahr... das hätte allerdings auch der Fall sein können, wenn er sich an die Vorgaben gehalten hätte, aber dennoch der Einspruch der Nachbarschaft erfolgt wäre. Bei der „normalen“ Baugenehmigung wäre es mit dem Bau weitergegangen.

Die Genehmigungsfreistellung ist eingeführt worden, um die genehmigenden Behörden zu entlasten und im Falle von Bebauungsplan die Möglichkeit zu schaffen die Gemeinden die Erlaubnis erteilen zu lassen, wenn der Antrag die Vorgaben des Bebauungsplan erfüllt. Das Risiko geht dabei aber auf den Bauherren über (Aufschiebung).

Ein weiterer Unterschied neben den Kosten ist die Bearbeitungsdauer. Genehmigungsfreistellung erfolgt in der Regel sehr kurzfristig, 1 Woche bis 4 Wochen, je nachdem wann der Bauausschuss der Gemeinde tagt. Baugenehmigung über die Behörde i.d.R. deutlich länger, im Großraum Nürnberg bspw. ca. 8 bis 12 Wochen, in München waren es letztes Jahr teilweise 8 bis 12 Monate (!!!).
Hoffe, das hilft Dir weiter. Viele Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Geisti

Danke für Deine sehrausführliche Antwort!
Aber eines verstehe ich nicht:
Es gibt einen Bebauungsplan, halte ich mich an diesen, ist es also ein Freisteller.
Bedeutet das, ich kann theoretisch auch anders bauen, als es der Bebauungsplan vorgibt? Nur dann muss ich mir dafür die Genehmigung einholen, die mehr Geld kostet?
Ich dachte immer, man MUSS sich an den Bebauungsplan halten und dafür gibt es keine Ausnahmen.

Könnte ich dann zum Beispiel einfach anfragen, ob mein Dach auch eine 40 Grad Neigung haben darf, obwohl nur 28 bis 38 Grad erlaubt sind? Schließlich sieht ,an die 2 Grad mehr doch eh nicht, glaube ich zumindest.
 
M

Maria16

Sowas klärt man am besten vorab mit Gemeinde und Landratsamt. Uns wäre eine Verringerung der Dachneigung um 2 Grad nicht genehmigt worden, haben uns den Punkt also gleich gespart - wäre ja doof, ewig rumzuplanen und dann bei manchen Sachen wieder von vorne anfangen zu müssen.
Ein genehmigungsverfahren haben wir trotzdem benötigt für andere Ausnahmen vom - sehr alten - Bebauungsplan. Je jünger der Bebauungsplan desto geringer dürften die Chancen sein, für etwas eine Ausnahme zu bekommen.
 
R

ruppsn

Es gibt einen Bebauungsplan, halte ich mich an diesen, ist es also ein Freisteller.
Bedeutet das, ich kann theoretisch auch anders bauen, als es der Bebauungsplan vorgibt? Nur dann muss ich mir dafür die Genehmigung einholen, die mehr Geld kostet?
Ich dachte immer, man MUSS sich an den Bebauungsplan halten und dafür gibt es keine Ausnahmen.
Ja, richtig. Wenn Du nach Bebauungsplan baust, reicht im Prinzip die Genehmigungsfreistellung.

Manchmal gibt es, auch wenn man es nicht beabsichtigt, Konstellationen, die gegen einige Bestimmungen des Bebauungsplan verstoßen. Bspw. die gewünschte Dachfarbe oder -Form, Gebäudehöhe, Abstandsflächen zum öffentlichen Raum hin oder oder ....
In dem Fall kann man um eine isolierte Befreiung von der jeweiligen Festsetzung des Bebauungsplan bitten, d.h. Du bekommst eine Baugenehmigung für Dein Haus, das dem Bebauungsplan genügt, aber in dem einen Aspekt abweicht.

Bei uns ging das so: Anfrage um isolierte Befreiung (bei uns in einem winzigen Bereich zum öff. Raum hin eine Abstandsflächenunterschreitung) ging in den Bauausschuss des Gemeinderats (Grundriss), der sagte ok, dann ging es zum LRA. Dort kam dann nach 12 Wochen die Baugenehmigung.
Hätte der Grundriss nein gesagt, hätten wir den auch übergehen und direkt zum LRA gehen können, ob die dann aber die Genehmigung erteilt und sich gg die Gemeinde gestellt hätten, ist fraglich.

Also ja, Du kannst prinzipiell am Bebauungsplan vorbei bauen wollen und auch an der Gemeinde vorbei versuchen direkt bei der genehmigende Behörde eine Baugenehmigung zu erhalten. Ob das sinnvoll und erfolgsversprechend ist, ist fraglich.

Falls Du das in Erwägung ziehst, würde ich aber definitiv die Gemeinde vorher mit ins Boot holen und auch das LRA vorher fragen, wie die Aussichten sind bevor Du unnötig Zeit und Geld verpulverst.

Bei alten, sehr alten Bebauungsplan ist gefühlt die Bereitschaft Befreiungen zu bekommen etwas höher, im Neubaugebiet geringer. Hängt auch immer vom Befreiungsaspekt und auch von der geistigen Flexibilität des Gemeindebauausschuss ab. Und damit ist es leider auch eine Wundertüte.

Als Beispiel: bei uns im Neubaugebiet und Bebauungsplan ist die festgesetzte Dachfarbe (rot) ein Streitpunkt. Unzählige Anfragen gingen an den Gemeinderat, ob nicht auch Anthrazit ok wäre. Kategorische Ablehnung! Ein Bauherr hat sich einfach drüberweg gesetzt und anthrazit eingedeckt. Lange Rede kurzer Sinn, nachdem die Gemeinde das nicht akzeptieren wollte und vom LRA eine Beseitigungsanordnung forderte, hat sich das LRA den Sachverhalt (7 Grad DN, anthrazit) genauer angesehen und befunden, dass die Forderung der Farbe rot in dem Fall nicht zulässig sei. Die Beseitigungsanordnung wurde abgelehnt und die Gemeinde müsste nun gegen den Bauherren klagen, was bislang (seit 3 Jahren) nicht erfolgt ist. Auch sowas gibt es. Ob Mann so eine Welle machen muss oder einfach die Vorgaben einfach als Deal akzeptiert, ist schwer zu sagen, muss wohl jeder selbst wissen...
 
Zuletzt aktualisiert 26.11.2024
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