Einfamilienhaus über Renteneintritt hinaus finanzieren?

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OWLer

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Es kommt natürlich auch immer darauf an wo man baut, wie der backround ist und wie mutig man ist. Aber dieses "alles finanzieren, kleine Raten, Auto Haus und Küche" finde ich persönlich nicht zielführend.

Nunja, kommt auf die Perspektive an. Ich bin bald Mitte 30 und sehe leider, wie der Krebs unter meinen ü55-Arbeitskollegen umgeht. Ja, die haben vielfach gebuckelt und sind teilweise ewig nicht in den Urlaub gefahren und das Haus ist abbezahlt. Haben sich gerade ein neues E-Mountainbike und/oder Camper gekauft. Kinder sind endlich aus dem Haus. Jetzt kommt der ganze Mist.

Dann sage ich mir doch: Ja eine solide Finanzplanung muss sein. Wir werden - wenn alles wie geplant läuft - vor der Rente durchsein mit der Finanzierung. Aber das ist kein Joch, dass wir uns zu 100% aufbürden wollen. Wenn wir mal kein Geld für Sondertilgung haben oder es einfach verjubeln wollen, dann können wir das. Jetzt sind wir jung und gesund. Wir haben beide Spaß an der Arbeit, aber noch mehr Spaß an Freizeit, Sport und Urlaub.

Klar kann da jetzt einer kommen und die Konsum- und Spaßgesellschaft verdammen, aber worauf kommt es im Leben an? M.E. nicht darauf, das Haus möglichst schnell abbezahlt zu haben. Dafür ist es leider viel zu kurz.
 
P

Peter Silie

es ist gibt kein richtig oder falsch. Muss jeder für sich wissen. Wer mit 75 noch ne Hütte abzahlen möchte, bis dahin gut gelebt hat und den Kids etwas hinterlässt, bravo, ich möchte da einen anderen Weg gehen.
 
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nordanney

von welchen zu tilgenden Summen gehst du denn hier aus?
Gehen wir von dem Durchschnittshaus aus, bei dem T€ 300 finanziert werden müssen. Das wäre, da die Durchschnittsfamilie kein üppiges Eigenkapital hat, also 1,5 Zinsen (bei 25 Jahren fest eher mehr) und 4% Tilgung. Somit monatlich 1.375€ für die Rate. Dazu noch Nebenkosten, sagen wir mal 400€, um auch ein paar € Rücklagen zu bilden.
Summe: 1.775€ im Monat nur für das Haus
Lebenshaltung komplett für 4 Personen: 1.700€ bis 1.900€ (inkl. Versicherungen, Auto etc. - ist auch nur grob überschlägig)

Also muss die Familie schon mindestens 3.500€ netto zur Verfügung haben. Und da sind dann keine Neuanschaffungen, Urlaube o.ä. berücksichtigt.
Um entspannt zu sein, muss schon mehr Einkommen her. Einzelverdiener haben es da schwer.

Reduzier die Tilgung auf 2%, und schon sind es 500€ monatlich weniger. Das ist eine Menge Holz. Und nach 25 Jahren bleiben "nur" noch T€ 150 Schulen über. Aber welchen Wert haben diese Schulden nach 25 Jahren? Wie sieht das Einkommen dann aus? Vielleicht geht dann auch mal eine Sondertilgung?
 
sebastianAZ

sebastianAZ

Ich denke „es gibt kein richtig oder falsch“ trifft es ganz gut. Die einen möchten mit 50 schuldenfrei sein, die anderen nicht. Hat alles seine Vor- und Nachteile. Die Finanzierung sollte auf jeden Fall so aufgestellt sein, dass man sich als Darlehensnehmer gut fühlt und nachts ruhig schlafen kann.
 
OWLer

OWLer

Reduzier die Tilgung auf 2%, und schon sind es 500€ monatlich weniger. Das ist eine Menge Holz. Und nach 25 Jahren bleiben "nur" noch T€ 150 Schulen über. Aber welchen Wert haben diese Schulden nach 25 Jahren?
Genau das. Unsere Rate ist so, dass auch ein Verdiener ausreicht, nicht gleich die Finanzierung platzen zu lassen und auch noch "gut"/OK dabei leben zu können. Wir brauchen dafür aber auch >40 Jahre im Plan. Mein Bonus ist, dass meine Frau 6 Jahre jünger ist, und mich dann durchfüttern muss. Mir wäre nie die Idee gekommen, die Finanzierung von meinem Renteneintritt abhängig zu machen.

es ist gibt kein richtig oder falsch. Muss jeder für sich wissen. Wer mit 75 noch ne Hütte abzahlen möchte, bis dahin gut gelebt hat und den Kids etwas hinterlässt, bravo, ich möchte da einen anderen Weg gehen.
Genau. Es gibt kein richtig oder falsch. Ich möchte nur den unbedarften Leser, der mit preußischen Tugenden großgeworden ist, eine Alternative aufzeigen.

Das mit 75 ist nämlich ein gutes Beispiel. Spielen wir das Planspiel mal durch.

Kinder sollen bis dahin 35 sein und selbstständig arbeiten und auf jeden Fall ausstudiert sein. Angenommen wir haben 500k€ auf 40 Jahre finanziert und wir teilen die 500 einfach ganz stumpf und falsch durch 40. Dann kommen wir auf 12.500€ pro Jahr hinaus. Ich weiß, dass es mit Zinsen mehr ist, aber was solls. Mit Reparaturen etc sollten max. 50k€ übrig sein an Verschuldung im absoluten Worst-Case.

Mit 75 bin ich hoffentlich noch 10 Jahre am Leben. Das heißt, meine Kinder würden erst mit 45 an das Haus rankommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie genau dieses Haus brauchen ist in meinen Augen sehr gering. Beim Erbe müsste es also mindestens verkauft werden, oder ein Kind müsste das andere auszahlen. Selbst wenn ich mit 75 sterbe, sollte das Haus seine initialen 500.000€ Wert beibehalten haben, durch die allgemeinen Wertsteigerungen des Grundstücks bzw. Inflation. 450.000€ Vermögen sollten somit geschaffen sein.

Ich bin sehr dankbar, dass meine Eltern ihr Haus vor 2 Jahren wegen berufsbedingtem Umzug verkauft haben. Ich habe erstens kein Interesse daran, jemals in dem Dorf zu wohnen. Meine Schwester schon eher, aber für sie wäre es zweitens eine Herausforderung, mich auszuzahlen. Das Haus wäre also vermutlich verkauft worden. Ob im Saldo für 250k, 300 oder 350k ist mir "egal", da ich das Geld nicht brauche und es nirgendwo eingerechnet habe. In meiner Jugend hätte ich das Geld gebraucht und dringend nötig gehabt - mit 45+ ist das dann eine willkommene Sondertilgung oder ein neues Auto etc.

Worauf ich hinaus will, und das ist hoffentlich irgendwo zwischen diesen Zeilen zu erkennen, ist, dass ich für das beim Verkauf abbezahlte Haus meiner Eltern 10 Jahre in meiner Jugend maximal zum Wanderurlaub in die Eifel gekommen bin. Meine Eltern waren jetzt mit dem Haus und auf dem Land nicht arm, aber haben bei jeder Klassenfahrt und den Schulbüchern oder neuem PC etc. schon sehr gehadert. Und ich hatte günstige Hobbys, Skifahren, MTB-Fahren oder sonstiges Materialintensives hätten sie sich aufgrund der Raten nicht leisten können.

Jetzt komme ich daher, spiele aufgrund der jetzigen Zinssituation "auf Zeit" und möchte meinen Kindern mehr bieten. Ich sage jetzt nicht per se, dass die Eifel Mist ist, nur dürfte es ab und zu auch Bayern oder (Süd-)Tirol sein.

Das Vermögen wird eh wachsen, ob abbezahlt oder nicht. Sofern ich nicht mit Renteneintritt den Löffel abgebe, wird niemand Schulden erben. Selbst wenn, sollte das Saldo aus Restkredit und Hauswert immer positiv sein. Ich sehe keinen großen Gewinn darin, mit Mitte 50 dann Schuldenfrei zu sein, da ich jetzt noch ohne E-Bike auf hohe Berge fahren kann. Jetzt komme ich auch noch ohne Beckenbruch und mit ordentlich Speed den Berg hinab. Später, wer weiß?
 
Zuletzt aktualisiert 22.11.2024
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