Hallo Tox,
[...]Ich habe bisher in keinem Bereich diese moralisch bedenklichen Verhaltensmuster gezeigt [...]
Diese schlichte Aussage bringt es auf den Punkt: "Du" verhältst Dich - moralisch gesehen - richtig; das bedeutet leider nicht, daß Du Deinen Charakter auf alle Deine Kollegen überstülpen kannst. Schön wär´s.
Du weißt hoffentlich, daß ich Dich und Deine Beiträge schätze, aber hier in diesem Thread muß ich Dir leider widersprechen; wenngleich ist es sonst vermeide, in Threads mit finanziellem Hintergrund zu antworten. "klblb" hat leider Recht - und er beschreibt "nur" einen verschwindend geringen Teil mit vergleichsweise kleinen Schäden für Bankkunden. Ich könnte heute noch Bücher mit den moralischen Vorstellungen so mancher Vorstandsetage füllen ... Ogger war aber schneller.
Mein Partner hat viele Jahre - insgesamt 12 - für die 3 größten Banken im Bereich gewerbliches Autoleasing gearbeitet. Als Quereinsteiger - aus dem Nutzfahrzeug- und PkW-handel kommend - sah er sich mit etwas mehr als Mitte 20 seinem Lebensziel, eine sichere Anstellung inne zu haben, ein Stück weit näher. Das Problem war, daß es sich im "Spiel" mit gewerblichem Fuhrpark um weitaus größere Summen dreht; andere Bonitäten und Sicherheiten (welche Begehrlichkeiten wecken) gefordert werden (müssen). Neben u.a. Erlebnissen wie Finanzierung von Fuhrparks für Giftgas produzierende Hersteller (Einsatz im Irak), Finanzierung von nicht vorhandenem Fuhrpark für Bodenhersteller (Balsam) oder Verweigerung von Finanzierungen aus moralischen Gründen (der seinerzeitige Kunde verdiente sein Geld mit Onanierstuben in Sexshops), brachte eine Vorstandsentscheidung das Faß für meinen Partner zum überlaufen.
In NRW gab es in den 90er Jahren einen äußerst erfolgreichen Geschäftsmann, welcher sein Geld mit neuen Düften verdiente. Hierzu kaufte er die Patente eines neuen Duftes, richtete die erforderliche Infrastruktur ein (platzierte den Duft im Markt) und verkaufte die so aufgebaute Marke dann mit gutem Gewinn an solvente Käufer. Dies lief über viele Jahre sehr gut, lfd. Kredite - auch Leasingraten - wurden stets pünktlich bezahlt; mit diesem Geschäftsmodell hat er es zu großem Wohlstand gebracht und verschiedene Wohnimmobilien in begehrten Lagen aus seinem Gewinn erworben. Man sollte also davon ausgehen können, daß finanzierende Bank und Kunde eine gute Geschäftsbeziehung pflegten, da beide davon profitierten. Weit gefehlt ...
Auch noch so clevere Menschen haben Achillesfersen. Eines Tages rief besagter Geschäftsmann meinen Partner an und bat um Aufschub von 3 aufeinanderfolgenden Leasingraten für eine größere Anzahl PkW´s; diese sollten dem Ende der vereinbarten Laufzeit stattdessen angehängt werden. Er hatte zu jener Zeit einen Partner in die Geschäftsleitung genommen und diesem offenbar zu viel Vertrauen entgegen gebracht; kurzum, er hat ihn um nicht wenig Geld betrogen, in der Konsequenz, daß er vorübergehend über keinen ausreichenden Bargeldbestand verfügte. Wie üblich bei Banken, hatte mein Partner ein Budget "X" in Eigenverantwortung und sagte seinem Kunden zu, die Leasingraten zu verschieben. Was er nicht bedachte, war, daß für das Verschieben der Leasingraten u.a. Bearbeitungsgebühren anfielen; somit lag es nicht mehr in seiner Entscheidung, sondern in Händen des Vorstandes.
Um die Geschichte abzukürzen: es zählte nicht mehr, daß die Bank einem - bis dato - seriösen und langjährigen Geschäftspartner hätte unkompliziert helfen können (Sicherheiten waren genug vorhanden, aber gebunden). Es zählte einzig, daß ein Vorstandskollege eine Immobilie des Bankkunden begehrte und sich dieser - mit der Verweigerung von Unterstützung - bedienen konnte ... und es auch tat.
Das war auch der Zeitpunkt, wo mein Partner seine Bankenzeit beendete; sehr zu meiner Freude, denn er wäre seelisch zugrunde gegangen, wäre er weiterhin in dieser Branche geblieben. Wir wissen heute, daß Banken - auch aufgrund der Lehman-Pleite - bemüht sind, ihr Bild nach außen zu verbessern. Erste Kontrollen eingerichtet sind und auch greifen ... aber immer noch "nur" spürbar unterhalb von Vorstandsetagen; darüber hat sich nicht wirklich viel geändert.
Liebe Grüsse, Bauexperte