Umbau Wintergarten - Baugenehmigung oder Genehmigungsfrei?

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E

Escroda

Da dein Vorhaben keine der Bedingungen in §60 Bauordnung LSA erfüllt, ist es nicht verfahrensfrei. Ob nach §61 eine Genehmigungsfreistellung möglich ist, ist davon abhängig, ob es einen qualifizierten Bebauungsplan gibt und wenn ja, ob das Vorhaben den Festsetzungen entspricht. Aufgrund des Baujahres vermute ich allerdings, dass ein vereinfachtes genehmigungsverfahren nach §62 notwendig ist.
Ich schließe mich dem Rat des @Baumfachmann s an und empfehle ein Beratungsgespräch bei der Genehmigungsbehörde. Die geben auch Auskunft über voraussichtliche Bearbeitungszeiten.
 
11ant

11ant

Ich versuche die korrekten Aussagen meines Vorredners mal einfach zu erläutern:

Verfahrensfreiheit)
Es gibt in den Länderbauordnungen Regeln, die ganze Gruppen von möglichen Vorhaben davon befreien, ein Antragsverfahren zu benötigen. Das betrifft sehr typische Bauvorhaben wie z.B. einen Einfamilienhausneubau ohne Sonderwünsche gegenüber dem Bebauungsplan.

Qualifizierter Bebauungsplan)
Bebauungspläne legen für meist mehrere ganze Häuser- bzw. Grundstücksblöcke fest, wie hoch und dicht usw. dort gebaut werden darf. Erlassen werden diese regelmäßig zur Erschließung von Neubaugebieten - und ebenso regelmäßig nicht in alten Dorfkernen, wo schon (fast) jedes Grundstück bereits bebaut ist. Dann gelten erstens andere Regeln und zweitens typischerweise keine Ausnahmen von der Erfordernis eines Antragsverfahrens.

Vereinfachtes Verfahren)
Es kann dennoch für Vorhaben, bei denen recht übersichtlich festzustellen ist ob die Vorschriften im Plan alle eingehalten sind, einfachere Verfahren geben.

Zur Verfahrensdauer: ein früherer Nachbar von mir hätte gesagt: "Doris, da ziehst Du mal was schulterfreies an, und dann gehen wir zum Direktor" - im Ernst: das ist tatsächlich nicht selten das richtige Zaubermittel, daß man persönlich zum zuständigen Menschen hingeht und in einem freundlichen Gespräch die vollständigen Unterlagen abgibt. Da kann man Rückfragen sofort klären, teilweise gibt es gleich den Stempel darauf und noch gute Tipps dazu.

Mit Pech ist der zuständige Sachbearbeiter ein Sesselpupser, der nur unwirsch auf den Aufhängeort des Wartemarkenautomaten hinweist und dann erst mal ein halbes Jahr krankfeiert. Da steckt man nicht drin. Aber das ist dann auch wirklich schon die Pessimistenversion. Du willst ja schließlich kein Dynamitlager einrichten.
 
S

Steven

Hallo

mein "Vereinfachtes Genehmigungsverfahren" dauerte ziemlich genau 6 Monate vom Einreichen, bis zur Genehmigung. NRW halt. Nach 5 Monaten rief ich beim Sachbearbeiter an. Er sagte mir, dass mein Antrag auf dem Stapel liegt, er sich aber jetzt darum kümmert. Dann ging es in sagenhaften 3 Wochen voran. Es kam die Genehmigung.
Im Gesetz steht zwar, dass ein Genehmigungsverfahren innerhalb 6 Wochen entschieden werden soll. Aber bei einer Sollvorschrift kümmern sich die hiesigen Beamten gar nicht drum.

Steven
 
E

Escroda

Ich versuche die nicht ganz korrekten Aussagen meines Vorredners (@11ant ) mal einfach richtig zu stellen:
Verfahrensfreiheit)
Bei den in §60 genannten Bauvorhaben ist eine Beteiligung der Genehmigungsbehörde nicht erforderlich. So darf man in Sachsen-Anhalt z.B. im Baumarkt einen Carport kaufen und aufbauen, ohne irgendjemanden darüber zu informieren. Die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften obliegt dann ausschließlich dem Bauherren.
Genehmigungsfreistellung)
s. @11ant Verfahrensfreiheit)
Vereinfachtes Verfahren)
Die Anwendung des vereinfachten Verfahrens hat nichts mit der Übersichtlichkeit des Prüfaufwandes zu tun, sondern mit den in §62 genannten Voraussetzungen. Auch wenn nach §63 mehr Vorschriften geprüft werden müssen, dürfte der Prüfaufwand für ein individuell vom Stararchitekten geplantes extravagantes Einfamilienhaus (§62) zweifellos größer sein, als die Prüfung der Überdachung der Außenterrasse vom Krankenhauscafe (§63).
Qualifizierter Bebauungsplan)
Mit den Erläuterungen bin ich zwar auch nicht zufrieden, da aber niemand um Erläuterungen gebeten hat, spare ich die Buchstaben für den Fall einer konkreten Nachfrage.
 
11ant

11ant

Die Anwendung des vereinfachten Verfahrens hat nichts mit der Übersichtlichkeit des Prüfaufwandes zu tun, sondern mit den in §62 genannten Voraussetzungen.
So meinte ich es auch - also nicht auf den Prüfungsaufwand im Individualfall bezogen, sondern auf die Art des Bauvorhabens. Der genannte Paragraph bezeichnet die hierfür geeigneten Bauvorhaben wie folgt: "Die Bauaufsichtsbehörde prüft bei 1. Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, 2. sonstigen Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2, [...] a) die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 des Baugesetzbuches, b) die Einhaltung der Anforderungen nach diesem Gesetz und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und c) die Einhaltung der anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften."
Damit sind die geeigneten Gebäudearten umrissen, und ebenso die auf Einhaltung zu überprüfenden Vorschriften. Umgekehrt ergibt sich daraus, daß für anderen Klassen zuzuordnende Gebäudearten (bei denen entsprechend noch weitere Vorschriften als beachtet nachzuweisen wären) den Voraussetzungen nicht entsprächen und in jedem Fall ein aufwendigeres Verfahren erforderten.

Wenn ich es recht sehe, geht es im vorliegenden Fall um eine Maßnahme in einem Nicht-Bebauungsplangebiet (= Indiz gegen das positive Extrem Freistellung), aber in einem Wohnhaus mit wenigen Wohneinheiten (= Indiz gegen das negative Extrem Erfordernis des "aufwendigen" Genehmigungsverfahrens).

Ich meinte also nicht die Übersichtlichkeit im speziellen Einzelfall, sondern daß der Gesetzgeber ganze Gruppen von Vorhaben definiert, die typischerweise (wegen der relativen Einfachheit der Prüfung) für vereinfachte Verfahren geeignet sind.

Für den vorliegenden Wunsch sehe ich gute Chancen, nicht gleich die allergrößten Orakel befragen zu müssen

Warum hast du kein Freistellungsverfahren genutzt? Kam das nicht in Betracht?
Ich lese
Das Haus ist von ca. 1800.
als ziemlich sicheres Indiz für "kein Bebauungsplangebiet".
 
Zuletzt bearbeitet:
Zuletzt aktualisiert 19.12.2024
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