D.h. der BauIng sollte das allein schon von den Plänen her beurteilen müssen, ja? Gibt es auch Fälle, wo ein Boden oder eine Wand geöffnet wird um die Stärke von Elementen zu messen? Das ginge unmittelbar vor dem Kauf vermutlich schlecht.
1) Ja, ein Bauingenieur sollte da nicht weniger sehen als ich. Einen Röntgenblick habe ich nicht, aber eine weitreichende Erfahrung, und die Interpretation ist weniger Hexerei als der Laie zunächst denken mag. Ich sage mal, was ich sehe:
a) im Keller Außenwandstärken, die auf Beton hinweisen, bis auf das Treppenhaus, wo es offenbar zum Mauerwerk übergeht; auch die Mittelwand ist hier aus Beton zu vermuten; Des Weiteren 12 cm (erwartungsgemäß gemauerte Trennwände, im alten Reichsformat, logisch);
b) im EG eine Mittelwand 12 cm: bei einer Balkendecke in dieser Spannweite ausreichend, für diese tragend, vermutlich Vollziegel;
Des Weiteren 10 cm Innenwände: keine Rabitzwände, dem Baujahr nach höchst unwahrscheinlich Gasbeton und ebenso wohl kaum Trockenbau; wahrscheinlich also Gipsdielen, auch denkbar Bimsdielen; tragende Wände wären an deren Positionen überflüssig und hätte man dann auch gemauert (wären dann wohl 12 cm stark), aber die Wand zwischen Wohn und Schlaf wird spätestens dann allein aussteifungsrelevant, wenn man diejenige zwischen Küche und Kind herausnimmt. Dass diese 10 cm starken Wände nicht tragend sind, müßte der Bauingenieur sich denken können, und folglich auch keine Gedanken an deren Substitution hinsichtlich der Gewichtslast-Abtragung verschwenden - wohl aber muß ihm gerade deswegen der Argwohn kommen, sie könnten eine andere Aufgabe haben (nämlich die Aussteifung). Außenwände im EG in der Stärke 25 cm weisen im Zusammenhang auf einen Aufbau als einschalige Mauern hin;
c) in der Schnittzeichnung sind nur wenige Materialstärken des Dachgeschosses zu lesen. Der optische Dickenvergleich sagt aber, daß dort zeitgenössisch üblich nichts so großzügig dimensioniert wurde, das Gewicht eines heutigen Daches aufzunehmen; und es ist kein Anlaß zum Zweifel erkennbar, daß der Dachstuhl im Prinzip auf der Decke zwischen EG und DG steht. Drempelwände sehe ich dort nicht dargestellt, und die Gauben machen den Eindruck, daß des Dichters Höflichkeit über ihren Wärmedurchgangswert schweigen sollte.
2) Ja, Glauben durch Wissen zu ersetzen, löst man klassisch durch Untersuchung; und Bohrkerne sind da ein beliebter Gegenstand.
Die Wände stehen alle schön übereinander, da würde ich pauschal von tragend ausgehen.
Pauschal truggeschlossen. Die Mittelwand im DG ist übrigens 10 cm statt wie unten 12 cm stark, und auch sonst werden diese Wände hier nur sich selbst tragen. Diejenigen im EG wären wie oben ausgeführt zur Lastabtragung ungeeignet dimensioniert - alles auf Basis der Annahme einer wahrheitsgemäßen Zeichnung, versteht sich.