Hi,
wir sind in einer ähnlichen Situation (haben lange gesucht, Grundstück Ende 2021 gekauft, bis dato viel geplant und ausgeschrieben mit Architekt, beide Gutverdiener, Mitte 30, ordentliches Eigenkapital und 8 Monate alter Sohn, …) und vielleicht helfen Euch unsere Erfahrungen. Schon mal sorry für die lange Nachricht
Vorab: ich würde es an Eurer Stelle machen, lieber früher als später. Letztendlich scheint das Haus bei Euch (wie bei uns) ein Teil des Lebensmodells (Heimat, Wohlfühloase) mit der Familie zu sein. Wartet man weiter, verliert man Teile dieser Zeit.
Zudem spielt die Inflation nicht nur gegen, sondern auch für Euch. Eine jetzt hohe Rate nimmt nach einigen Jahren Gehaltsinflation wesentlich weniger des mtl. verfügbaren Nettoeinkommens ein. Insgesamt kann ich nur raten, sich intensiv mit der Planung zu beschäftigen, sonst kann man nachher beim Bau aus Kostengründen vieles nicht realisieren, was eigentlich gewünscht war.
Ein paar Erfahrungen zu den Planungen/Kosten:
- Plant lieber mit minimalen Eigenleistungen. Wir haben eine Bestandsimmobilie entrümpelt und entkernt; im Vergleich zum eigentlichen Bau ein Klacks, dennoch viel Aufwand, um etwas Kosten zu sparen. Mit Kind ist es nicht mehr so einfach und zudem möchte man eigentlich die Zeit jenseits der Arbeit mit dem Kind verbringen (macht unheimlich Spaß!). Die Planung des Baus an sich nimmt bei uns jedes Wochenende schon einen beachtlichen Teil der Freizeit ein
- in der Tat Baunebenkosten nicht vergessen und einmal durchspielen, was da alles kommt - nicht unerheblich
- statt mit 2.600 Euro pro qm oder einer groben Angabe des Bauunternehmers zu rechnen besser einmal je Gewerk die Vorstellungen niederschreiben und einzeln ermitteln. Zumindest für die Gewerke, die grob nur schwierig abzuschätzen sind, da stark abhängig von individuellen Vorstellungen. Kostenvoranschläge bekommen wir aktuell recht schnell und man sieht leider in einzelnen Gewerken einen großen Unterschied vs. grober Abschätzung (v.a. technische Ausstattung (Heizung, Elektro, Lüftung, etc.) sollte man seine Vorstellungen schätzen lassen, ebenso Fenster, Bodenbeläge; einige andere Gewerke kann man auch guten Gewissens grob schätzen). Wir haben die Erfahrung gemacht, dass hoher Standard dann doch sehr individuell interpretiert wird und lieber vorab einmal konkretisiert werden sollte, damit man nachher keine böse Überraschung erlebt
- Drüber nachdenken, wie man ‚modular‘ vorgehen kann, falls der Bau während der Bauzeit doch deutlich teurer wird als geplant (später fertigstellen wie Garage, Garten, Ausbau Dach/Keller oder andere Qualität von Fußboden im OG/Dach/Kinderzimmer…); das schafft Flexibilität und Spielraum; wichtig: nicht alles modulare schon vorher rausnehmen
- Finanzierung: wir haben erst finanziert, als wir eine Baugenehmigung hatten. Da wir in einem Gebiet ohne Bebauungsplan bauen, würde ich dies auch wieder so machen. Im Extremfall ist sonst der Kreditvertrag ungültig und muss teuer rückabgewickelt werden. Mit Bebauungsplan kann man da sicherlich deutlich entspannter sein. Auf jeden Fall selbst und persönlich mit Plänen zum Bauamt bevor ihr den Kreditvertrag unterschreibt. Das gibt keine Garantie, aber eine Richtung.
- Wir haben gute Erfahrungen mit Sparkassen aus strukturell schwächeren Gegenden gemacht. Hier würde ein sehr fairer Zins angeboten, da man dort seltener solche Finanzierungen in der Größenordnung hat (ja, ich habe mit allen gängigen Finanzvermittlern verhandelt und auch einige andere Banken direkt angesprochen)
- die aktuelle Auslastung der Handwerker ist sehr hoch, es ist schwierig freie Kapazitäten zu bekommen; es wird allerdings zeitnah bei vielen Gewerken deutlich besser werden (v.a. auf Neubau angewiesene Gewerke). Ich arbeite viel in der chemischen Industrie mit Baumaterialien als Kernabnehmergruppe. Bei den Abnehmern geht der Auftragseingang deutlich zurück - das wird sich deutlich auf die Auslastung auswirken; es lohnt sich also nach einem vorausschauenden Handwerker/Bauunternehmer zu suchen
- Vom Keller raten immer wieder viele Leute ab, was rein finanziell sicherlich richtig ist. Wir sind beide mit Keller aufgewachsen, haben genaue Nutzungsvorstellungen und möchten diesen in dem Familienleben nicht missen. Daher überlegt Euch, was der Keller für Euch darstellt.
hoffe das hilft etwas