Ich habe durchaus etwas übrig für individuelle Wünsche und wenn die Bereitschaft da ist, diese auch zu bezahlen steht der fröhlichen Realisierung von etwas "uneffektivem" auch nichts im Wege. Wenn Du sagst, dass Deine Planung genehmigungsfähig ist, lasse ich das einfach so dahingestellt gelten.
Ich entnehme Deinem Beiträgen, dass Du gerne aus jedem bewohnten Zimmer einen schönen Ausblick haben möchtest. Die Wohnebene nach oben zu legen kann das ggfs. gewährleisten. Du sagst ja, dass der Wunsch erfüllt ist und damit mache ich erst einmal einen Haken dran.
Du möchtest gerne amerikanische Wandschränke haben - finde ich auch prima. In der Umsetzung verwechselr die Architektin das mit einer Ankleide. Amerikaner kommen ebensowenig auf die Idee sich in einem walk-in-closet umzuziehen wie Deutsche auf die Idee in der Speisekammer zu kochen. Hier braucht es etwas mehr Kommunikation dazu was das, was Du in etwa "Wandschrank nach amerikanischem Vorbild" bedeuten soll. Beide Entwürfe, die ich sehe sind in dieser Hinsicht nicht gelungen. Der, der Architektin nicht, weil sie Ankleiden für Kinder plant und Deiner nicht, weil er die Ankleiden nicht platzsparend in die Architektur integriert, sondern einfach etwas Raum aus einem zuvor nutzbaren Zimmer abkoffert.
Der Wohnbereich ist ausgesprochen großzügig und es hat schon was, wenn man eine Wohnlandschaft in einen Raum platziert statt an die Wand. Das ist für mich ein absolut nachvollziehbarer Luxus. Das eingezeichnete Arrangement ist für den Raum dennoch etwas klein, es sei denn Du willst noch ein Cembalo unterbringen oder so. Wenn die Baukosten dafür so budgetbelastend sind, dass die Möbel später vom Discounter kommen müssen, würde ich das lassen. Wenn schon, denn schon.
So wie Du den Esstisch platzierst scheint dieser Ort keine zentrale Bedeutung für Euer Familienleben zu haben. Die Enge um den Tisch steht in einem eigenartigen Verhältnis zur möglichen Großzügigkeit der Küche und des Wohnbereiches und ist am Verkehrsdreieck von Treppe, Flur und Wohnbereich. Das gefällt mir stilistisch nicht, auch wenn es so funktioniert.
Und dann steht da noch eine Säule irgendwo rum. Das wirkt völlig randomisiert, wenngleich es statisch sicher günstig ist und Kosten spart. Aber wenn ich schon die Statik-Kosten scheue, dann würde ich eine Lösung wünschen, die eine Wohnfunktion hat und nicht einfach irgend eine Säule auf dem Weg vom Esszimmer in die Küche.
Überhaupt ist die Anordnung von Mini-Bad und Speis in diesem Entwurf nicht gut gelungen. Die Toilette hat zwar eine gute Position, aber die Speis ist recht weit weg von der Küche. Beide Räume passen proportional überhaupt nicht zur Länge und Positionierung der Treppe. Das sieht aus wie lieblos reingezeichnet. Wenn ich mir den Raum vorstelle, mangelt es mir da an geometrischer Ästhetik - und diesen Anspruch würde ich sofort stellen, wenn ich nicht quadratmeter-baukostenoptimiert bauen wollte.
Der untere Bereich mit fensterlosem Arbeitszimmer und Fitnessraum sagt mir nicht so zu - aber ich weiß ja auch nicht was gearbeitet wird. Der recht lange Flurbereich muss ja nur sein. Denkbar wäre der Durchgang durch eine vergrößerte Garage mit thermisch gut dämmenden Türen. Denkbar wäre auch die untere Etage einfach nicht als Vollgeschoss zu bauen und sich das "in-den-Hang-Graben" zu sparen. Du sagst ja, dass der Fitnessraum eigentlich nicht nötig ist und einen Büroraum gibt es auch im OG, wenngleich der mehr als Gästeraum möbliert ist.
Es ist nicht so, dass ich etwas an Deinen Anforderungen auszusetzen habe, es geht mir auch nicht um irgendwelche Kompromisse - mir fehlen in dem Entwurf die erkennbare Unterstützung eines individuellen Familienlebens, Detailliebe und Verve. Mehr ausgeben als nötig muss keine Verschwendung sein. Form follows function - beschreibe dem Architekten genau wie Du mit Deiner Familie leben willst, was macht Deinen Alltag schön? Welche Form von Geselligkeit und Rückzug macht Euch Freude / hält Euch gesund? Was sind die ästhetischen Vorlieben? Wie willst Du Deine Kinder aufwachsen lassen, welche Möglichkeiten sollen sie in welchem Alter haben? Beschreibe die non-funktionalen Anforderungen, leite daraus die funktionalen Anforderungen ab, menge Deinen Stil bei und erarbeite das Schritt für Schritt mit der Architektin. Dann gibst Du ihr freie Hand für einen Entwurf und gibst die Kontrolle ab. Ich wette, wenn die Architektin gut ist, braucht es so gut wie keine Änderung mehr. Du bist Profi für Dein Leben die Architektin ist Profi für den Hausbau. Arbeitet zusammen und mischt Euch nicht gegenseitig ein die Kompetenzen ein. Macht doch etwas Schönes daraus, was dadurch besticht, dass es auch erkennbar gut ist. Ganz ehrlich: ich würde noch einmal mit einem Gespräch auf Square One gehen - vorwurfsfrei und gemeinsam. Was jetzt da ist, ist nicht vergeudet, es dient dem Lernen und Verstehen. Klingt hart aber wirklich gut wird das nicht mehr. Und das wäre mir zu wenig.