Zum Thema Preise vermute ich, dass Hamburger Speckgürtel sich hier leider nicht viel nimmt im Vergleich zu Stuttgart oder wie bei uns hier München, nur auf einem noch etwas niedrigerem Niveau. Du wirst also, wenn du die aktuellen Preise zahlst, definitiv nicht der einzige "Dumme" sein, es gibt schlichtweg nichts anderes und man hat leider nur die Wahl zwischen "in der Mietwohnung bleiben, deren Mietwert man noch vernünftig findet" oder "irre gewordene Immobilienpreise stemmen WENN es finanziell geht". Der Wert richtet sich allein nach dem Angebot und der Nachfrage, so wie es momentan aussieht, wird das Angebot politisch gewollt nicht massivst erhöht und die Nachfrage scheint noch lange nicht zu versiegen, in den gefragten Großstädten machen Erbschaften noch vieles möglich und selbst in niederbayerischen Käffern bauen jetzt polnische BMW Bandarbeiter ein Haus neben dem nächsten (ein Mix aus dort billigem Grund, extrem viel Eigenleistung mit sehr viel Hilfe aus der Familie, guten Schicht-Zuschlägen und hochgehebelten Krediten machts möglich). Meine Eltern haben damals für unser Reiheneckhaus Anfang der 80er um die 350.000 Mark gezahlt (riesen Garten, 900m2 Grund), neulich ist einer der Nachbarn verstorben, das baugleiche Haus, das aber in der Mitte stand und nur einen wirklich kleinen 100m2 Garten dabei hatte und ohne Witz nie saniert und komplett runtergewohnt wurde wurde jetzt für 600.000€ verkauft. "Schrott" würde man auf den ersten Blick sagen, ABER: sehr gute Bausubstanz, Autobahn A 94 direkt nach München in 40 Minuten, nette Nachbarschaft und sehr gute Schulen in der Nähe. Das junge Pärchen Anfang 30 konnte sein Glück kaum fassen, dass es über Kontakte zur Tochter vor der Anzeige im Immoportal dran war und es für diesen "Schnapperpreis" bekommen hat. Und auch wenn es verrückt klingt, die beiden sind nicht dumm, sondern extrem klug vorgegangen. Das Haus sieht auf den ersten Blick altmodisch und auch innen recht runtergekommen aus, wenn man aber weiß, wie schön die anderen Häuser der Nachbarn innen sind, erkennt man das Potenzial und mit ein bisschen handwerklichem Geschick und 100.000 Euro Sanierungsgeld kann man eine Menge draus machen. Während man für 700.000€ einen Neubau in unserer Gegend komplett vergessen kann, also ich würde den Bestand nicht voreilig ausschließen, je nachdem was euch wichtiger ist: Die Lage, das Einfamilienhauses als solches, die städtisch geprägten Nachbarn oder eine moderne Optik?
Was das Grundstück betrifft, so kenne ich ganz viele Wege aus dem Bekannten und Freundeskreis: Wir selbst hatten Anfängerglück und konnten aus einer projektierter Doppelhaushälfte einen Kaufvertrag für das komplette Grundstück (ohne vermittelten Hausanbieter und ohne Zwang mit diesem zu bauen) machen, eine Freundin hat sich in unserem Heimatlandkreis 40 km von München entfernt vor 5 Jahren ein halbes Jahr reingehängt und über ihre Eltern und dort lebenden Freunde und Bekannte wirklich jeden wissen lassen, dass sie ein Grundstück sucht und hatte dann bei einem privaten Anbieter Glück, der das mitbekommen hatte. Meine Schwägerin hat das gleiche gemacht, das ganze Dorf in das Hausprojekt mit einbezogen, mit dem Bürgermeister gesprochen, sich vernetzt und war dann die Erste, die vom Neubaugebiet erfahren hat. Trotzdem hats insgesamt 3 Jahre und etliche Telefonate und Preiserhöhungsrunden mit der Vermieterin gebraucht bis sie jetzt endlich dort bauen können. Gesamtvolumen für das Haus mit Grundstück (Fertighaus ohne großes Gedöns, 500km2 Grund) liegt bei knapp unter einer Million in einem Kaff im Fürstenfeldbrucker Landkreis, dort gibt es einen Kindergarten und eine Schule, eine Kirche und einen Bäcker, sonst nichts. Keine S-Bahn Anbindung und 1 Stunde Fahrt zur Arbeit nach München. Aber das ist eben auch genau das, was die beiden wollen: Im Ort bleiben wo sie sich wohl fühlen, richtiges Landleben, Ruhe und keine Schlafstadt von München mit Städtern, die ganz anders drauf sind als die Landbevölkerung vor Ort. Ein Freund meines Bruders hat günstiges Bauerwartungsland im begehrten Nachbarort mit Zuganbindung und zukünftigem S-Bahn Anschluss gekauft, hat gepokert und hatte riesen Glück: Baugenehmigung fürs Einfamilienhaus erhalten und kann nun das volle Budget ins Haus investieren.
Es gibt bei uns aber auch eine klare Gegenbewegung, einige meiner Freundinnen und deren Partner verdienen sehr gut (Siemens, Flughafen, BMW, Consulting) und lieben das Leben in der Stadt und wollen das auch nicht aufgeben. Sie alle wissen, dass ein Haus IN München mit Garten ohne große Erbschaft schlicht nicht machbar ist und passen sich an: Eine hat eine Etagenwohnung im Randbezirk für maximal ein Kind gekauft, eine andere wird Mieterin in einer großen aber günstigen Mietwohnung mit zwei Kindern bleiben und eine wird innerhalb des Konzerns in eine andere Stadt wechseln und sich dort den Traum vom Haus verwirklichen.
Ich würde dir also den Tipp geben, dir genau zu überlegen, was ihr als Familie am meisten wollt und was euch wirklich zufrieden macht und dann mindestens ein Jahr lang alles geben, um die Chancen auf ein Grundstück, ein gut erhaltenes Bestandshaus, eine größere Etagenwohnung am Stadtrand mit Gartenanteil oder ein Bauprojekt zu finden, um die Ecke denken, sich in den Wunschorten aktiv umhören, Leute die dort schon wohnen einbeziehen und sich wirklich ganz viel anzuschauen, auch wenns erstmal nach "des is bestimmt nix" aussieht. Ich wollte mir unser jetziges Grundstück noch nicht mal anschauen, war mir gar nicht sicher, ob ich soweit an den Stadtrand und nicht doch lieber eine Mietwohnung will und bin jetzt so froh, dass mich mein Freund überredet hat. Ich drück euch die Daumen und am Allerwichtigsten: Nicht die Flügel hängenlassen und sich alles schlecht reden lassen, es ist momentan echt schwer und der Wohnort macht einfach viel von der Lebensqualität aus, aber oft hat man nach einer Zeit Glück oder stellt fest, dass man auch mit einem anderen Weg glücklich wird, ich drück euch die Daumen!