Ich musste den Weg leider bei einem Gewerk gehen, da man vollkommen uneinsichtig war und bspw. ein Abnahmeprotokoll im Nachgang nichtig erklärt hat und seit Monaten nicht von der Nichtigkeitserklärung zurücktritt. Prinzipiell möglich, da Fernabsatzgeschäft, ABER es scheint mir bei dir eher ein WERKLIEFERVERTRAG zu sein. Wäre es ein WERKVERTRAG wäre es eindeutiger. Du muss begründen können, warum es ein Werkvertrag ist... Ich sende dir mal einen Auszug meines Schreibens zur Orientierung:
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Wir haben unsere auf Abschluss des geschlossenen Werkvertrags gerichtete Willenserklärung (Annahme des Angebots vom xx.11.2019) wirksam widerrufen, §§ 355 Abs. 1, 312 g Abs. 1, 312 b Baugesetzbuch. Folglich widerrufen wir den voran genannten Werkvertrag und bitten Ihren Mandanten um schriftliche Bestätigung des Eingangs.
Anbei erhalten Sie den per Fax versandten Widerruf. Dieser wird Ihrem Mandanten darüber hinaus auch per Einschreiben mit Rückschein zugestellt.
Wir haben gegen Ihren Mandanten einen Anspruch auf Zahlung von xx.xxx,xx EUR gemäß §§ 357 Abs. 1, 355 Abs. 3 Satz 1, 312 g Abs. 1, 312 b, 312 Baugesetzbuch.
Wir haben einen Anspruch auf Rückgewährung der von uns geleisteten Zahlungen i. H. v. xx.xxx,xx EUR gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 iVm § 357 Abs. 1 Baugesetzbuch, da deren Voraussetzungen vorliegen.
Die Vorschriften der §§ 312 b und 312 g Baugesetzbuch sind nach § 312 Abs. 1 und 2 Baugesetzbuch anwendbar. Der geschlossene Werkvertrag über Fliesenarbeiten ist ein Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 Baugesetzbuch. Wir sind Verbraucher im Sinne des § 13 Baugesetzbuch. Ihr Mandant handelte als Unternehmer iSd § 14 Baugesetzbuch, als er uns die Erbringung von Fliesenarbeiten anbot. Die §§ 312 ff. Baugesetzbuch sind in der aktuellen Fassung anwendbar, da der Vertrag nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie am 13.06.14 abgeschlossen wurde, vgl. Art. 229 § 32 EGBGB.
Es liegt keine Ausnahme vom Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 2 Baugesetzbuch vor. Der Werkvertrag über die Fliesenarbeiten ist insbesondere kein Vertrag über den Bau von neuen Gebäuden oder bezüglich erheblicher Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden im Sinne des § 312 Abs. 2 Nr. 3 Baugesetzbuch. Der Begriff der erheblichen Umbaumaßnahmen ist im Sinne des größtmöglichen Verbraucherschutzes grundsätzlich eng auszulegen, so dass hierunter nur solche Umbaumaßnahmen fallen, die vergleichbar sind mit dem Bau eines neuen Gebäudes.
Mit der Annahme des Angebotes vom xx.11.2019 schlossen die Parteien einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen im Sinne des § 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Baugesetzbuch.
Es kommt für einen außerhalb des Geschäftsraums geschlossenen Vertrag nach § 312 b Baugesetzbuch nach der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie im Sommer 2014 nicht mehr darauf an, ob der Unternehmer auf Bestellung des Verbrauchers erschien bzw. auf wessen Initiative die Vertragsanbahnung bzw. der Vertragsschluss erfolgte. Nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie gibt es keine Ausnahme mehr für den durch den Verbraucher bestellten Unternehmer (vgl. Grüneberg in Palandt, Baugesetzbuch, 75. Auflage, § 312 b Rn. 1; Förster, Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in §§ 312 ff. Baugesetzbuch, JA 2014, 721, 725: der Anwendungsbereich wird damit weiter).
Unser Widerrufsrecht ist für den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag entstanden, § 312 g Abs. 1 Baugesetzbuch. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Widerrufsrecht nach § 312 g Abs. 2 Baugesetzbuch liegt nicht vor.
Die Parteien haben insbesondere keinen Vertrag geschlossen, bei dem wir als Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hätten, uns aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 Baugesetzbuch.
Auch eine Ausnahme nach § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Baugesetzbuch, liegt nicht vor. Der geschlossene Werkvertrag ist kein Vertrag über die „Lieferung von Waren”. Im Sinne der Verbraucherrechterichtlinie sind Verträge über die Lieferung von Waren nur Kaufverträge nach §§ 433 ff. Baugesetzbuch und Werklieferungsverträge nach § 651 Baugesetzbuch. Werkverträge nach §§ 631 ff. Baugesetzbuch sind als Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen anzusehen (so auch AG Bad Segeberg, Urteil vom 13.04.2015, 17 C 230/14 mwN, zitiert nach juris). Der von den Parteien geschlossene Vertrag über die Fliesenarbeiten ist ein Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. Baugesetzbuch.
Wir übten unser Widerrufsrecht mit der Erklärung vom xx.10.2020 fristgerecht aus. Mit Schreiben vom xx.10.2020 erklärten wir den Widerruf gegenüber Ihrem Mandanten, § 355 Abs. 1 Satz 2 Baugesetzbuch. Ihr Mandant hat uns in keiner Weise über ein mögliches Widerrufsrecht belehrt. Die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 1 Baugesetzbuch von 14 Tagen begann daher nach § 356 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch nicht zu laufen. Unser Widerrufsrecht konnte damit binnen einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach dem Vertragsschluss ausgeübt werden, § 356 Abs. 3 Satz 2 Baugesetzbuch.
Mit der Ausübung des Widerrufsrechts ist der Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt, § 355 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch.
Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge regelt § 357 Baugesetzbuch als gegenüber dem § 355 Baugesetzbuch speziellere Vorschrift die Rechtsfolgen. Nach § 357 Abs. 1 Baugesetzbuch sind die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Daraus ergibt sich unser Zahlungsanspruch i.H.v. xx.xxx,xx EUR.
Ein Wertersatz für das von Ihrem Mandanten gelieferte Material ist nicht in Abzug zu bringen. Ihr Mandant hat keinen Anspruch auf Wertersatz für das von ihm gelieferte Material. Es fehlt eine mögliche Anspruchsgrundlage. Der Vertrag hat sich durch den Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis eigener Art gewandelt. Die §§ 355 ff Baugesetzbuch enthalten ein selbständiges und geschlossenes System der Rückabwicklung. Einen Verweis auf das Rücktrittsrecht gibt es anders als nach dem früheren § 357 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch a.F. nicht mehr (vgl. Möller, Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie im deutschen Recht, BB 2014, S. 1411, 1417). In § 357 Abs. 7, 8 und 9 Baugesetzbuch finden sich Regelungen zum Wertersatz durch den Verbraucher. Wenn hier ein Werkvertrag widerrufen wird, ist die Regelung des § 357 Abs. 8 Baugesetzbuch einschlägig. Ein Wertersatz schuldet der Verbraucher nach § 357 Abs. 8 Baugesetzbuch nur, wenn er von dem Unternehmer trotz einer Belehrung über den Widerruf ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Im Umkehrschluss ergibt sich, dass ein Anspruch auf Wertersatz gegen den Verbraucher nicht besteht, wenn der Verbraucher – wie hier – nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist und der Unternehmer dennoch vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Arbeiten begonnen hat.
Die Regelungen der §§ 355 ff. Baugesetzbuch sollen in Zusammenschau mit den §§ 312 ff. Baugesetzbuch in Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie einen größtmöglichen Schutz des Verbrauchers gewährleisten. Aus der Regelungssystematik ergibt sich, dass der Verbraucher, der nicht belehrt wird, größtmöglichen Schutz genießt. Es entspricht daher auch dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, dass es nicht unbillig ist, dass der nicht belehrte Verbraucher keinen Wertersatz schuldet. Im fehlenden Anspruch auf Wertersatz liegt auch kein unzumutbarer Nachteil für den Unternehmer, da der Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 356 Abs. 4 Satz 1 Baugesetzbuch erreichen kann, dass das Widerrufsrecht erlischt (so auch Möller, BB 2014, 1411, 1418).
Der Ausübung des Widerrufsrechts steht unserer Erklärung vom xx.02.2020 bzw. xx.02.2020, von dem Vertrag Abstand zu nehmen, nicht entgegen. Unser Widerrufsrecht ist aus § 312g Abs. 1 Baugesetzbuch dahingehend nicht ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es Sinn des Widerrufsrechts, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben und unabhängig von den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen (Werk-)Vertrag schließt (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08 Rn. 17, BGHZ 183, 235; Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15 Rn. 16, NJW 2016, 1951). Der Verbraucher kann deshalb (innerhalb der Widerrufsfrist) frei wählen, ob er das Widerrufsrecht geltend macht.
Uns ist es daher unbenommen, nach einer etwaigen Kündigung unser Widerrufsrecht auszuüben.
Nach der ständigen Rechtsprechung steht einem Widerruf des Vertrags nicht entgegen, dass dieser Vertrag durch einen weiteren Vertrag abgelöst worden ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht.
Bitte bestätigen Sie uns schriftlich den Erhalt dieses Schreibens.
Mit freundlichen Grüßen....
Ich bin dabei grundlegend der Begründung des Urteils vom 02.06.2017, Aktenzeichen: 23 O 47/16 gefolgt.
Das Widerrufsrecht bringt eine gewisse Brisanz mit. Theoretisch könnte man sein Haus in einzelnen Gewerken somit für lau bauen. Man sucht nicht die wirtschaftlich günstigsten Angebot aus, sondern lediglich die, die auf die Belehrung zum Widerruf verzichtet haben. In meinem Fall war es nicht anders zu lösen. Alle anderen Gewerke haben gute Arbeit gemacht und waren bei Mängeln einsichtig und man konnte an gemeinsamen Lösungen arbeiten, aber das Gewerk hat den Vogel abgeschossen. Rechtlich im dicksten Nebel unterwegs, beleidigend (sogar schriftlich), drohend (mit Oberstaatsanwalt) und natürlich vollkommen uneinsichtig. Die anderen Gewerke habe ich darauf hingewiesen, dass sie ihre zukünftige Werkverträge dahingehend prüfen.