Aber leider lässt der Bebauungsplan bzw. auch das Budget nicht mehr als 109QM Grundfläche bzw. 155 QM Wohnfläche zu. [...] Die Frage ist ja, ob der Architekt hier in Anbetracht der Rahmenbedingungen (siehe oben) überhaupt etwas besseres zaubern kann. Die GUs haben ja nicht umsonst ihre "Mustergrundrisse" und ich habe etwas Sorge hier viel Geld für einen Architekten zu investieren und am Ende bei einem ähnlichen Grundriss zu landen.
Die Haltung, der Architekt sei sein Honorar nur so weit wert, wie sein Grundriss origineller / pfiffiger wäre als man das ohne ihn hinbekommen hätte, ist so verfehlt wie weit verbreitet. Sie baut auf der Mißinterpretation des Architekten als (mindestens im Wesentlichen) Grundrisseausdenkers auf. Wirklich (im Schweiße seines Angesichts) "verdienen" tut er sein Geld aber eigentlich in der zweiten Halbzeit (Leistungsphase 5 bis 8). Auf den Grundriss entfällt gerade mal ein Vierzehntel seines Honorars.
Der "Mustergrundriss" des 610 hat im Original ohne "Erker" schon 112 qm und ist für eine "Normfamilie" mit zwei Kindern gedacht. Hier habt Ihr ihn offenbar schon ein wenig enger geschneidert, um auch mit "Erker" noch die Latte 109 qm zu schaffen; und dann auch noch ein weiteres Zimmer hineingebastelt. Da bin ich schon leicht verblüfft, daß das noch so relativ unblutig klappt. Dennoch ist es nur noch eine täuschend echte Nachahmung des eigentlichen Mustergrundrisses, denn "bewährt" haben die sich nur unter der Bedingung der beibehaltenen Mustermaße (und ohne Komplizierung der Aufteilung). Außerdem verliert ein Musterentwurf einen wesentlichen Teil seiner Vorteile, wenn man ihn mit einem anderen Unternehmer nachbaut. Unter diesem Gesichtspunkt erstaunt mich noch mehr, wie wenig schlechter die Variation 3/R der Vorlage 1/L gelungen ist - von der ungünstigeren Badlage einmal abgesehen. Und auch der Entwurf 2/M verdient aus dieser Sicht Anerkennung, daß er nur im Erdgeschoss enttäuscht. Auf einem Hinterliegerbauplatz stößt ein Planer allerdings schnell an seine Grenzen, was mit bloßer Zauberwürfeldreherei machbar ist. Da ist die strukturierte Vorgehensweise eines Architekten schon erfolgswahrscheinlicher.
Wenn Ihr auf einen Katalogentwurf aufbauen wollt, ist die Strategie des Umschneiderns und Engermachens eines annähernd passenden Ausgangsmodells nicht die beste, und hier immerhin noch erstaunlich unschlecht aufgegangen. Die günstigere Strategie mit dem Ziel eines 109/155 qm großen Hauses für eine Dreikindfamilie wäre, einen Basisentwurf (denn die sind alle für Zweikindfamilien konzipiert) mit etwa 90 bis 95 qm Grundfläche auszuwählen und in der Firstachse um das dritte Kinderzimmer zu verlängern (vgl. den Abschnitt "Zusätzlicher Raum durch Vergrößerung der Grundfläche" in meinem Blogbeitrag "Einen Grundriss in der Größe ändern").