100%-Finanzierungen - Ich verstehe das!

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S

Silent010

Hallo Ihr Lieben,

bewusst plakativ habe ich meinen Titel gewählt, stellt aber meine Meinung dar. In meinen Gesprächen mit vielen Bauherren sehe ich drei Motivationen ein Haus zu bauen:

1) Ein Haus aus Prestige bauen um zu einer Gruppe dazuzugehören. Meiner Meinung sind das nur wenige.
2) Ein Haus aus praktischen Gründen bauen. Platzbedarf, Wertanlage, Eigentum etc...
3) Die Erfüllung eines Lebenstraums. Die einen, weil Sie selbst in Ihrer Kindheit in einer Wohnung aufgewachsen sind und eben das nicht hatten, die anderen, die als Kind schon in einem Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet aufgewachsen sind und diesen Luxus sehr zu schätzen Wissen.

Hier im Forum kommen immer wieder Fragen zu Finanzierungen, in denen beide Gehälter notwendig sind um zu Finanzieren. In denen auch ein bisher gelebter Luxus (Neue Autos kaufen, große und viele Urlaube) als nicht mehr notwendig bekanntgegeben werden. Kurzum: Bei denen das Eigenkapital bestenfalls die Bau- und Kauf-Nebenkosten decken. Bei all diesem Fragen sehe ich immer wieder die Motivation aus Punkt 3) meiner Aufzählung. Ich kann Euch verstehen!

Zu den Zeiten von meinen Eltern, als Bauzinsen noch im 2-stelligen Bereich lagen und es von den Eltern kein finanzielles Backup gab (da Nachkriegszeit), da wurden sehr viele Häuser so finanziert, dass man sparsamer geworden ist, den Lebensstandard entsprechend angepasst hat. Wenn der Mann seinen Job verloren hätte wäre das zu einem großen Problem geworden.

Was ich damit meine: Wenn ab 1945 nur die Häuser gebaut worden wären, die unter Bedingung der Regeln und Sicherheiten, die hier im Forum dieser Tage als zwingend notwendig beschrieben werden, dann hätten wir jetzt keinen Bauplatz-Mangel.

Diese Vorhaben gingen gut in der Vergangenheit und gehen auch gut in der Gegenwart. Man hört im Umfeld natürlich immer von den Fällen, bei denen das nicht geklappt hat. In den meisten Fällen geht das aber gut, genauso wie es in Fällen von wohlhabenden Unternehmen plötzlich auch mal nicht gut gehen kann und ein Haus zum Verkauf steht. Die Beurteilung einer Finanzierung ist immer eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt der Finanzierung.

Ich schreibe das, da hier im Forum des öfteren diese Vorhaben im Vornherein zum Scheitern verurteilt werden. Ich kann den Wunsch verstehen und es nachvollziehen, dass man mit den gegebenen Mitteln die man hat, ein Haus kaufen oder bauen möchte, auch wenn man dafür an seine Grenzen geht. Natürlich gibt es vorhaben die nicht realistisch sind, dafür ist das Forum dann auch da um das aufzuzeigen. Aber man muss nicht immer auf Nummer 3-mal-Sicher gehen und nur das als den möglichen Weg - alles andere wird scheitern - sehen.

Ausnehmen möchte ich natürlich Bau- oder Kaufvorhaben, die einfach in den Dimensionen oder der Qualität unnötig über dem Budget liegen.

PS: Ich hatte keine 100%-Finanzierung, falls die Vermutung aufkommt.

Viele Grüße
 
Z

Zaba12

Ich schreibe das, da hier im Forum des öfteren diese Vorhaben im Vornherein zum Scheitern verurteilt werden.
Ja das stimmt aber auch nur bei denen die sich nicht nur die Baukosten schön rechnen sondern auch das eigene Gehalt. Da wird initial mit 2 Gehältern (ohne Kinder) gerechnet, wo der Planungshorizont einfach nicht berücksichtigt wird. Ich sag ja nicht das man alles in vornherein einkalkulieren muss aber viele tuen sich schon schwer eine realistisch Baukostenaufstellung auf die Beine zu stellen und denken das der Rest der nach Einzug nich fehlt aus laufenden Gehalt bezahlt werden kann. Außerdem leben wir aktuell auch in einer Zeit wo die wenigstens überhaupt Verzicht kennen, eher das Gegenteil ist der Fall. Es wird konsumiert und weggeworfen bis zum umfallen.

Und zu guter Letzt, dein Papa wäre damals nie auf die Idee gekommen 500-600k€ für nen Einfamilienhaus mit Grundstück hinzublättern, egal wie niedrig die Zinsen damals gewesen wären. Die Mentalität war einfach eine andere, da wollte man ein Zuhause und nicht KFW40+ mit Kontrollierte-Wohnraumlüftung, Raffstores, Photovoltaik, Speicher, Kinderbad, begehbaren Kleiderschrank und Wäscheschacht.
 
O

Oetti

Klar gab es damals zum Teil Baufinanzierungen mit 10 % Zins oder mehr. Entsprechend hoch war aber auch die Inflation und die Löhne sind nominal auch deutlich mehr gestiegen als heute.

Mit teurem Geld finanzieren und in den Jahren danach mit billigem wieder zurückzahlen war häufig die Devise. Einfach mal anschauen wie sich Löhne in der von dir beschriebenen Zeit entwickelt haben.

Schau dir auch mal an wie sich die Baukosten entwickelt haben in Relation zum Durchschnittseinkommen in den vergangenen 50 Jahren. Ich zeige dir das mal anhand des Wert eines Rentenpunkts auf. Dieser war 1970 ca. 6.50 Euro und beträgt derzeit 33.23 Euro, also Faktor fünf. In unserem Ort kosteste 1970 eine schlüsselfertige Doppelhaushälfte mit Keller und Garage umgerechnet 50.000 Euro. Das selbe Produkt kostet derzeit 400.000 Euro. Der Preis hat sich also im selben Zeitraum verachfacht, ist also deutlich mehr angestiegen als der Durchschnittslohn.

Ergo: Bauen ist deutlich teurer geworden.
 
B

BackSteinGotik

Gutes Preisbeispiel. Nimmt man da die oft zitierten 30% Überbewertung aus dem Jahr vor dem erneuten Preisanstieg um circa 10% einfach mal für bare Münze, schließen sich plötzlich Lücken.

Unabhängig davon ist der große Unterschied die Zeit des Aufschwungs für die Siedlungshausbauer direkt nach 1945 bis noch zu den Bauten der Babyboomer zwischen den 1970ern und 1980er. Massenarbeitslosigkeit und Niedriglohnsektor wuchsen da erst auf. Der Kreis der potenziellen Bauherren war größer, die Vorschriften & der Stand der Technik geringer, womit Eigenleistung mehr möglich gewesen ist. Außerdem war Grund besonders im Verhältnis zum Gebäude günstiger.

Was nicht heißt, dass man heute nicht 100% finanzieren kann. Aber sicher eher mit zwei (vermeintlich) sicheren Einkommen in höheren Einkommensregionen. Zu allen Zeiten ist ein gutes Auge auf das wirklich verfügbare Einkommen, die Sicherheit dieses sowie die Kosten des Vorhabens der Schlüssel.
 
H

HilfeHilfe

zu 3. Oft ist es kein Lebenstraum sondern aus 1 entstanden weil aktuell jeder über Wohneigentum spricht und dazugehören will. Dann darf es nicht selbstverständlich eine Wohnung sein , sondern 1 das Haus weil man ein Projektmänägers in der Firma ist, tolle Urlaube hatte und einen finanzierten Audi vor der Tür und nun ein Haus kommen soll.

Auf den Lebensstandard will man nicht verzichten.

Zu meiner Zeit haben meine Eltern verzichtet und ich das Zimmer mit meinem Bruder geteilt. Jeder Euro wurde umgedreht. Viele 100 % Finanzierung leben nur noch für das Haus. Einkommenszuwachs nicht möglich, Dilemma
 
J

Joedreck

Ich finde besonders den Punkt des Konsums für wichtig. Häufig lese ich, dass man sich dann eben einschränke. Das empfinde ich oft als, ähm, illusorisch.
Wer verzichtet denn schon gern auf den schönen Urlaub? Oder auf das für 400€ geleaste Auto und steigt dann in einen Skoda für 4000€? Da sollte man sich ganz genau hinterfragen und überlegen, ob man das wirklich möchte und auch kann. Immerhin wird auf einen gewissen Luxus verzichtet.

Ansonsten ist es natürlich nicht einfach heutzutage adäquat zu kaufen, oder gar zu bauen und trotzdem eine Rate zu haben, welche durch eine Person im Haushalt bedient werden kann.
Besonders in der aktuellen Zeit zeigt sich aber, dass das die Gesamtsituation sehr entspannen kann. Wir sind zb nicht auf das Gehalt meiner Frau angewiesen, wodurch wir im Moment absolut entspannt sind, während viele im Freundes- und Bekanntenkreis am rudern sind. Wir sind aber auch die einzigen ohne Neubau.
 
Zuletzt aktualisiert 21.11.2024
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