"Dieter Keller / 08.06.2018, 08:15 Uhr
Berlin (MOZ) Rückwirkend zum Jahresanfang sollen Familien die neue Eigenheimzulage für ihre Kinder bekommen. Ab August können die Anträge bei der KfW gestellt werden. Das Verfahren ist erstaunlich hemdsärmelig.
Wenn Horst Seehofer etwas anpackt, dann muss es ein Erfolg werden. So ist das auch beim Baukindergeld: Noch weiß keiner, wie viele Familien diese neue Förderung nutzen werden. Aber der CSU-Chef und Bundesbauminister forderte schon mal im Haushaltsausschuss des Bundestags ab 2019 mehr Geld, als sein Finanz-Kollege Olaf Scholz (SPD) eingeplant hat. Das berichteten Teilnehmer der nicht öffentlichen Sitzung
Die neue Familienförderung wird erstaunlich hemdsärmelig eingeführt: Es gibt kein eigenes Gesetz, sondern nur einen Posten im Bundeshaushalt 2018, den der Bundestag Anfang Juli beschließen soll. In diesem Jahr sind 400 Millionen Euro vorgesehen, im nächsten doppelt so viel. Auf dieser Basis will Seehofer der Staatsbank KfW den Auftrag erteilen, die Anträge zu bearbeiten und das Geld auszuzahlen. Vorteil: Sie hat Erfahrung mit solchen Anträgen. Auch der staatliche Zuschuss für den Einbruchschutz läuft auf dieser Grundlage.
Derzeit steht auf der Internetseite der KfW nur, dass noch keine Anträge für das Baukindergeld gestellt werden können. Doch im August soll es nach Seehofers Willen losgehen. Pünktlich vor der Landtagswahl in Bayern, wie Kritiker anmerken.
Den Zuschuss erhalten Familien mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren, wenn ihr Jahreseinkommen maximal 75 000 Euro plus 15 000 Euro pro Kind beträgt. Ein Paar mit zwei Kindern bekommt ihn also, wenn es zusammen maximal 105 000 Euro verdient. Entscheidend ist das Durchschnittseinkommen der letzten zwei Jahre. Pro Kind zahlt der Bund zehn Jahre lang 1200 Euro Baukindergeld. Bei zwei Kindern kommen so 24 000 Euro zusammen.
Fein raus sind Familien, die Anfang dieses Jahres in die eigenen vier Wände gezogen sind, wie es aus dem Haushaltsausschuss heißt: Geld gibt es rückwirkend ab Jahresanfang. Entscheidend ist der Einzugstermin: War der am 1. Januar oder später, kommt das Paar in den Genuss der vollen Förderung, auch wenn die Immobilie im letzten Jahr gebaut wurde – und obwohl es bei Planung und Finanzierung noch nicht davon ausgehen konnte, dass es eine staatliche Förderung bekommen würde.
Neben dem Baukindergeld will Seehofer auch eine Sonderabschreibung für den Bau von Mietwohnungen „im bezahlbaren Mietsegment“ sowie eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung einführen, wie dies im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Für alles zusammen stehen bis 2021 aber laut Koalitionsvertrag nur zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Seehofers Sorge ist offenbar, dass dieses Geld nicht ausreicht. Daher sein Vorstoß bei Scholz, wobei keine Beträge genannt werden. Eine Reaktion des Finanzministers ist noch nicht bekannt.
Rückenstärkung bekam Seehofer schon mal vom Bau-Experten der Unionsfraktion, Kai Wegner (CDU): Da der Bund das Baukindergeld allein trage, bestehe Nachsteuerungsbedarf. Die bedarfsgerechte Finanzierung der Projekte stehe bei der Verteilung zusätzlicher Steuereinnahmen „natürlich auf dem Zettel“. Die Familien müssen sich nicht sorgen, dass das Geld nicht reicht: Für das Baukindergeld gibt es die Zusage, dass alle zum Zuge kommen. Der Finanzminister muss sehen, woher er das Geld nimmt.
Die Förderung ist eine der Maßnahmen, um in dieser Legislaturperiode für 1,5 Millionen neue Wohnungen zu sorgen. Im vergangenen Jahr wurden fast 285 000 errichtet. Das waren laut Statistischem Bundesamt 2,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Nötig wären aber mindestens 350 000 bis 400 000 pro Jahr. Zudem sind in der Zahl auch Flüchtlingsunterkünfte berücksichtigt."