Die Beiträge zeigen mir, wie unüblich und auch von euch schwer vorstellbar ist, dass ein Architekt schlichtweg einen gravierenden Fehler in der Planung eines einfachen EFH macht.
Ich hab es hier nicht geschafft alles zu zitieren, daher vorab nochmal etwas genauer woran es hier genau gescheitert ist.
Der Bebauungsplan ist 0815, nichts wildes und auch nichts was groß Interpretationsspielraum lässt. Erlaubt ist ein Baukörper von 150qm Grundfläche. Das geplante Haus liegt (ohne jetzt nochmal genau nachzuschauen) irgendwo bei 100-110qm. Ausschlachten war hier also definitiv nicht das Ziel.
Nun aber woran es genau gescheitert ist:
DIe Abstandsflächen wurden nicht korrekt nach BayBO berechnet. Diese liegen bei 0,8H auf zwei Seiten sowie bei 0,4H auf den anderen zwei Seiten.
Das Maß H bemisst sich laut Bayrischer Bauordnung an der Wandhöhe des Hauses (Schnitt der Wand mit der Dachhaut)
+ 1/3 der Dachhöhe. Das Unterstrichene war dem Architekten schlichtweg nicht bekannt. Es wurde das Dach in der Berechnung also einfach ignoriert.
Die vom Architekt errechnete Abstandsfläche war somit 5,2 Meter, statt der eigentlich einzuhaltenden ca. 5,9 Meter. Wohlgemerkt, dies musste ich in der BayBO nachlesen, weil der Architekt selbst nach Rückmeldung des Bauamts nicht wirklich verstanden hat wo genau das Problem herkommt.
Der zweite Punkt, der den Grundriss für sich gesehen jedoch nicht direkt in den Papierkorb getrieben hätte, jedoch weiter verdeutlicht warum wir mit diesem Planer nicht mehr arbeiten wollen:
Im Bebauungsplan steht ganz eindeutig, dass der Referenzpunkt für die maximale Firsthöhe von 9,5m die Mitte der Straße vor dem Grundstück darstellt. Unser Planer nimmt jedoch die natürliche Geländehöhe auf dem Grundstück als Referenz - somit fehlen 12cm.
Diese beiden Dinge sind einfach nur Unfähigkeit (BayBO sollte man als bayrischer Architekt schon kennen) sowie Faulheit den Bebauungsplan zu lesen. Es gab im Planungsprozess noch so ein paar Fehler, die ich jedoch rechtzeitig selbst aufspüren konnte. Die Ansage die daraufhin gemacht wurde, dass für den Bauantrag alles absolut korrekt und mehrfach überprüft sein muss, hat wohl nichts gebracht.
Kann man den Entwurf nicht noch irgendwie heilen? Wie falsch waren denn die Berechnungen? Wollt Ihr ihn gleich zum Teufel jagen deswegen?
Leider ist der Entwurf für uns so nicht heilbar. Die von der Architektin vorgeschlagene Heilungsvariante war eine Verschiebung des Baukörpers in die Grundstücksmitte. Zu kosten des Gartens der uns sehr wichtig ist. Es entstünde dadurch zwar ein Nordgarten, der den Namen jedoch nicht verdienen würde (er liegt nicht nur im Norden, was per se nicht schlecht sein muss, sondern ist aus anderen Gründen recht unattraktiv). Außerdem hätten wir unter diesen Voraussetzungen ganz anders planen können - einer der wichtigsten Punkte bei der Planung wär nämlich die Erhaltung eines möglichst großen Gartenstücks auf der schöneren Seite des Grundstücks. Eine schnöde Verschiebung des Baukörpers hätte alle Nachteile durch Kompromisse in der aktuellen Planung + alle potentiellen Nachteile einer Neuplanung.
so schlimm, dass es gleich ein neuer Architekt sein muss?
Ohne jetzt alle Beiträge nachzulesen: war es nicht so, dass Ihr ganz genau wisst, was Ihr aus dem Grundstück rauspressen wollt (ich mein, wer baut sich freiwillig 4 Geschosse?) und der Architekt war Eurer langer Arm?
Auch wenn es anhand des Grundrisses ggf. danach aussieht, rauspressen wollten wir nix ;)
Wir sind Gartenliebhaber, ein größeres Grundstück ist aber in der Lage finanziell nicht drin, daher wurde eine kompakterere Grundfläche gewählt. Erlaubt wäre es durchas noch größer zu bauen.
Die Situation ist hier ja die, daß die Bauherren eine Bauabsicht verfolgen, die einen im Vergleich zum Bestand (und zur Nachbarschaft) höhervolumigen Baukörper zum Gegenstand hat. so etwas macht man (wie die Bayern so schön sagen) "niemals nie nicht" ohne sich über eine Bauvoranfrage abzusichern, auf einem genehmigungsfähigen Kurs zu sein. Dies ist hier offensichtlich nicht geschehen - die Planung bis auf die Ausführungsebene zu treiben, war Zeitverschwendung aller Beteiligten. Hier zeigt und rächt sich das für GU-Planungen typische "Anfahren im dritten Gang" - korrekt vorgegangen, wäre der jetzige Erkenntnisgewinn bereits im "Modul A" eingetreten. Die desaströse Enttäuschung ist eine "sichere" Folge des unprofessionellen Vorgehens (an dem freilich eine Bauherrschaft kaum schuldlos sein kann). Hier bedarf es einer selbstkritischen Justierung der Erwartungen im und am realistischen Rahmen, bevor ein neuer Besen besser kehren kann.
Wie gesagt, wir haben hier nichts verrücktes geplant. Es wurde eine Bauvoranfrage zu völlig unkritischen Dingen gestellt (z.B. Positionierung der Garage) und auch von der Gemeinde als "völlig unkritisch" durchgewunken. Die Gemeinde ist kooperativ, nett und auskunftsfreudig. Es war nichts auch nur annähernd kritisches was den Bauantrag zum scheitern gebracht hat, es waren lediglich
Fehler des Architekten. Ich behaupte mich inzwischen mit den entsprechenden Regelungen im Bebauungsplan und BayBO etwas auszukennen. Die einzige Schuld die ich bei uns selbst sehe ist, dem Planer zugetraut zu haben Abstandsflächen, wie sie in ganz Bayern gültig sind, korrekt zu berechnen. Wenn ich jedoch jedes einzelne Maß inkl. des dazugehörigen Gesetzestextes selbst analysiere, dann kann ich meinen eigenen Job kündigen und direkt Architekt werden.
Was der Laie Bauherr sich ausdenkt, ist meist nicht wirklich schlecht, und selbst ein naiver Fokus auf die (im Sinne ihrer Relevanz) falschen Details zwar das größere, aber noch nicht wirklich böse Problem. Das ist auf Platz 1 die "Fear of missing out", die die Bauherren in Kombination mit dem toxischen Glaubenssatz "man baue nur einmal" zu viele Wünsche in ihr kleines Häuschen zu stopfen versuchen läßt.
Zur Ehrenrettung der GU-"Architekten" muß ich sagen, daß nicht wenige erste Entwürfe (also bevor die Bauherrschaft noch ein Kinderbad hineinquetschen wollte oder dergleichen) besser als die final verhunzte Version waren und sehr oft Genehmigungen an überreizten Kniestöcken, Zwerchhäusern und dergleichen straucheln und scheitern. Es ist nicht alles Mist, was der Zeichenknecht macht - er darf nur dem Kunden einen solchen auch nicht ausreden. Der "schwarze Peter" ist beim bösen Bauamt besser aufgehoben.
Vermutlich völlig richtig, für uns jedoch nicht in dem Maße zutreffend.
Wir haben eine universitär ausgebildete Architektin beaufragt, mit einem Honorar welches zwar nicht ganz bei HOAI liegt - jedoch auch weit entfernt von den 2k - 5k , die man sonst so ab und an für "Zeichenknecht"-Planungen verrechnet bekommnt.
Wir wollten auch nicht das eierlegende Wollmilchhaus planen. Wir hatten ein Raumprogramm, das völlig unkritisch auf das Grundstück passt. Zusätzlich die Anforderung möglichst viel unbebaute Fläche für Garten und Kids im schöneren Teil des Grundstücks zu erhalten.
Wir wollten weder eine Einliegerwohnung für den Fall, dass die Großcousine in 20 Jahren Mal temporär einziehen möchte. Wir wollten kein "altersgerechtes" Bauen für in 40 Jahren. Wir wollten Dinge wie eine Dusche welche keine Duschtüre oder Vorhang benötigt -haben wir nicht untergebracht und somit weggelassen. Zusammengefasst eben nichts verrücktes außer ein EFH mit möglichst viel Garten.
Wir sind nun natürlich Stimmungsmäßig erstmal etwas "down", da wir uns gedanklich schon in diesem Haus gesehen haben. DIe Küche war beispielsweise geplant und Angebote von 3 Küchenstudios eingeholt etc. Wir hatte die Tage mit der Genehmigung des Bauantrags gerechnet (eingereicht wurde im Juni).
Zu den next steps:
Vergangenheitsbewältigung:
Wir fodern nun das bereits gezahlte Honorar zurück (75% wurden mit Einrechen des Bauantrags bereits gezahlt) sowie Schadenersatz für die Kosten der Vermessung welche der Architekt in Auftrag gegeben hat. Außerdem Schadenersatz für die Kosten für den Bauantrag (vrmtl. mittlerer vierstelliger Bereich).
Zukungtsplanung:
Es stehen zwei Bäume auf dem Grundstück die gefällt werden müssen. Dies wurde auch abgekärt und wird genehmigt. Gefällt werden darf allerdings erst mit Erteilung der Baugenehmigung. Dies ist bekanntermaßen nur zwischen März und Ende September möglich.
Wir stehen nun insofern etwas unter Zeitdruck, da wir die Baugenehmigung vor März 24 bräuchten, um die Bäume rechtzeitig fällen zu können.
Wie erwähnt, kenne ich das Grundstück nun doch selbst schon sehr sehr gut (nicht zuletzt da ich dem Architekten nie wirklich komplett vertrauen konnte). Daher sehen wir im Moment zwei Möglichkeiten:
1. Einen nach
@11ant "echten" Architekten für den Neustart beaufragen, wir haben hier mit einigen letztes Jahr gesprochen bevor die Entschiedung fiel. Einer davon käme in durchaus in Frage und ist auch nur 1-2km vom Grundstück ansässig - fraglich jedoch ob er auch für die Bauleitung etc. zu haben wäre. Nachteil wäre der Preis. Die Genehmigungsplanung würde hier nach HOAI abgerechnet und bei >30k liegen - nur für den Bauantrag.
2. Einen "günstigeren" Planer/Architekten beauftragen und stark selbst am Entwurf mitwirken (spätestens hier zuckt
@11ant die Augenbraue - sorry dafür). Wie gesagt meine ich nun sehr genau zu wissen, was auf dem Grundstück möglich ist und was nicht. Nach 1 Jahr Planung etc. weiß ich nun auch etwas Bescheid über Sichtachsen, Pfuschertaschen (danke
@11ant) und Co. Ich hätte hier jemanden mit Empfehlung von Bekannten aus Norddeutschland an der Hand, der das via Online-Planung übernehmen würde. Kosten wären hier bei 4k-5k. Alternativ wäre einer der Internet-Vermittler a la "A-better-place Architekten" Mal anzufragen.
Was denkt ihr? ;)