Naja, hier in der Umgebung findest du keinen Architekten, der nach HOAI abrechnet. Hier sind Vergütungen für die Architekten um die ca. 12.000 bis 15.000 € die übliche Dimension - und wie gesagt, der Bau mit Architekt ist hier der übliche Weg, mit GU baut hier fast niemand, da teurer.
Unser Bau ist durch. Wir wohnen schon 1,5 Jahre im Haus. Es hat alles reibungslos und ohne Ärger, Mängel oder Koordinationsaufwand unsererseits funktioniert. Unser Architekt hat sich unserer Ansicht nach sehr gut gekümmert, er hat alle Ausschreibungen gemacht, Angebote verglichen, Aufträge vergeben, die Firmen auf der Baustelle koordiniert und die durchgeführten Arbeiten und die Rechnungen überprüft. Ja, vermutlich war das ganze nicht exakt so "ausführlich" wie es bei einer Bezahlung von 60.000 € wäre. Wir hatten bei der Entwurfsplanung z.B. kein schickes 3D-Modell (das habe ich mir selber mühevoll in Sweet Home erstellt) und keine exakt detaillierten Ausführungspläne im Maßstab 1:50, unser Architekt hat kein top gestyltes Büro mit zig Mitarbeitern (sondern ist Einzelkämpfer ohne Angestellte mit Büro im eigenen Häusle). Aber unser Architekt war mindestens 2-3 Mal die Woche auf der Baustelle und hat nach dem Rechten gesehen und die Firmen komplett selbstständig koordiniert, ohne, dass wir da nur einen Finger für rühren mussten. Ja, das hat der für das oben genannte Geld gemacht. Aber es lief halt alles recht "unbürokratisch" ab, lockerer und weniger formell ab, als es sicher üblich ist, was ihm natürlich auch Zeit einspart. Hier ist das aber der Normalfall, dass es so läuft. Wir wohnen auf dem Land. Jeder kennt irgendwie jeden über maximal 10 Ecken. Hier zählt nur Mund-zu-Mund-Propaganda und Verträge laufen per Handschlag. Unser Architekt hat in unserer kleinen Straße mit knapp 20 Grundstücken bisher 5 Baustellen dort betreut - das finde ich viel. Natürlich nicht alle gleichzeitig, denn er lehnt Aufträge ab, wenn er keine gute Betreuung mehr gewährleisten kann. Er nimmt Max. 3-4 Bauprojekte gleichzeitig an - ausschließlich Einfamilienhaus. Er lebt seinen Job. Mit Herzblut. Das merkt man. Er muss da keine Reichtümer verdienen. Die Betreuung umfasste ca. 4 Monate Entwurfsplanung inkl. Bauantrag und dann noch mal ca. 8-9 Monate für die Bauleitung, also insgesamt ca. 1 Jahr. Bei den Außenanlagen war er nicht mehr involviert, da wir das eh komplett in Eigenleistung machen, aber bei Fragen ist er immer noch für uns da. Wir waren mit seiner Arbeit absolut zufrieden, er hat unsere Erwartungen vollkommen erfüllt. Für uns war das, was er gemacht hat, absolut ausreichend, wenngleich ich nicht abstreiten will, dass die Betreuung eines HOAI-Architekten evtl. noch besser gewesen wäre. Aber für uns war das so genau richtig. Er hat uns so viel Arbeit abgenommen und das war unser Ziel - nicht mehr und nicht weniger. Ich hätte niemals 60.000 Euro für einen Architekten zahlen wollen, dann hätte ich mir die Gewerke lieber selber koordiniert. Aber die Ansprüche sind verschieden und wenn der Hausbau in Richtung 800.000 Euro insgesamt geht, dann ist auch eher ein Architekt für 60.000 Euro drin als bei uns, wo unser Hausbau inkl. Grundstück und allen Nebenkosten und Außenanlagen keine 350.000 Euro gekostet hat.
Aber, ich kann es nur immer wieder betonen: Ländliches RLP. Hier läuft einiges anders als anderswo. Das fängt bei den Preisen für den Architekten bis zum Hauspreis an und endet dabei, dass wir so gut wie keinen schriftlichen Vertrag mit den ausführenden Firmen oder dem Architekten hatten. Und es trotzdem alles reibungslos funktioniert hat.
Dass das so in anderen Regionen Deutschlands nicht funktioniert - und die Bauherren das vermutlich so auch gar nicht wollen - ist mir vollkommen klar. Und ich weiß, dass Vergütungen nach HOAI anderswo üblich sind und die Vorstellung, dass jemand eine ähnliche Arbeit für 20 % davon macht, Kopfschütteln auslöst. Aber hier ist das so. Hier ist das der Normalfall. Unser Bau ist wie gesagt durch, und ich kann sagen, dass unser Architekt sich sehr wohl gut gekümmert hat.