Sparanfänger mit Fragen zur Plausibilität des "groben" Plans

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Bieber0815

Ich möchte mal eine Frage ein werfen, lohnt es sich im Moment überhaupt Eigenkapital anzusparen, anstatt die günstigen Zinsen zu nutzen?
Steffen80 hat recht, IMHO. Ergänzend würde ich sagen: Es liegt nicht am Zins, sondern daran dass (so war es in den letzten Jahren) die Baukosten schneller stiegen als normale Menschen Eigenkapital ansparen können.
 
V

Vanben

Guest
Ich finde das ist eine interessante Frage. Was genau bringt das vielgerühmte Eigenkapital überhaupt?! Da meine kleine Tochter mich ohnehin gerade wachhält, versuche ich mich mal an einer wirren Rechnung. Seht es mir bitte nach, wenn mir irgendwo ein grober Schnitzer unterlaufen sollte.

Nehmen wir an, Typ (30 Jahre alt) ist grundsätzlich solvent und bekommt einen Kredit, hat aber kein Eigenkapital. Er beabsichtigt ein Objekt für 350.000 (inkl. Kaufnebenkosten) zu erwerben und kann sich eine Rate von 1500 Euro leisten, möchte aber gern mit 60 Jahren schuldenfrei sein. Nehmen wir weiterhin an, er zahlt derzeit 500,- Euro Kaltmiete, ergibt das aktuell eine mögliche Spar-Rate von 1000,- (spätere Rate minus aktuelle Miete). Die Baupreise steigen pro Jahr um 1,5% und er kriegt auf sein Erspartes 3%.

Variante 1)
Er finanziert ohne jegliches Eigenkapital (110%) im Basis-Jahr zu 3,13% Zins über 30 Jahre fest. Er ist mit 60 Jahren durch und hat 540.000 gelassen.

Variante 2)
Er fängt an zu sparen, 1000,- Euro jeden Monat zu 3%
Jahr 1: 12.195 gespart, Baupreis auf 355.250 --> Quote 107%
Jahr 2: 24.755 gespart, Baupreis auf 360.579 --> Quote 103%
Jahr 3: 37.694 gespart, Baupreis auf 365.988 --> Quote 100%

Variante 2.1:
Er könnte mittlerweile die Kaufnebenkosten allein stemmen. Es verbliebe ein Kreditbedarf von 328.294 (366k minus Eigenkapital), den er mit dann besseren Zinsen von 2,63% auf 25 Jahre, dann ist er 58, abbezahlen könnte und dafür am Ende 447.616 Euro an die Bank überweist ....oder er spart weiter

Jahr 4: 51.019 gespart, Baupreis auf 371.478 --> Quote 96%
Jahr 5: 64.745 gespart, Baupreis auf 377.050 --> Quote 93%
Jahr 6: 78.882 gespart, Baupreis auf 382.706 --> Quote 89%
Jahr 7: 93.444 gespart, Baupreis auf 388.446 --> Quote 86%
Jahr 8: 108.442 gespart, Baupreis auf 394.273 --> Quote 82%
Jahr 9: 123.890 gespart, Baupreis auf 400.187 --> Quote 79%

Variante 2.2:
Hier wäre abermals ein Grenzwert unterschritten und sofern sich am Zinsniveau binnen der letzten 9 Jahre nichts grundlegendes geändert hat, bekäme er nun seinen restlichen Kreditbedarf von 276.297 zu 2,13%, wäre dann im Alter von 57,5, nach insgesamt 18,5 Jahren Tilgung, fertig und hätte der Bank 334.892 Euro überwiesen.

Da ich davon ausgehe, dass auch dem ambitioniertestem Sparfuchs irgendwann die Lust aufs Eigenheim vergeht, bzw. die Kinder dann auch nichts mehr davon haben werden, beenden wir das hier und vergleichen mal.

Variante 2.1 vs. Variante 1:
Hätte Typ im 4. Jahr gebaut/gekauft, hätte er dafür sein Eigenkapital in Höhe von 37.694 hergegeben, bis dato insgesamt 18.000 zusätzlich für Miete ausgegeben und über die Jahre weitere 447.616 an die Bank abgedrückt; in Summe also 503.310.
Dafür ist er allerdings auch schon mit 58 schuldenfrei und kann weitere 2 Jahre seine 1500 Euro zu 3% anlegen, was ihm weitere 37.133 Euro einbringt. Insgesamt steht er also mit 60 Jahren um 73.823 Euro besser da als mit Variante 1, musste dafür aber 3 Jahre lang auf den Komfort des Eigenheims verzichten.

Variante 2.2 vs. Variante 1/Variante 2.1:
Hätte er weitergespart und im Jahr 10 gebaut/gekauft, hätte er dafür sein Eigenkapital in Höhe von 123.890, zusätzliche Mieten von 54.000 Euro und über die Jahre weitere 334.892 Euro abgedrückt. In Summe also 512.782.
Er wäre mit 57,5 Jahren fertig und könnte weitere 2,5 Jahre lang 44.634 Euro ansparen.
Er stünde also im Vergleich zu Variante 1 um 71.852 Euro besser, allerdings im Vergleich Variante 2.1 schon um 1971 Euro schlechter. Und natürlich hat er 9 Jahre auf das Eigenheim verzichtet.

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Nun muss ich natürlich einräumen, dass die Zinssätze aus der Luft gegriffen sind. Deshalb noch mal ein Beispiel, bei dem Variante 2.1(b) nach 3 Jahren schon die 2,13% bekommt und Variante 2.2(b) nach 9 Jahren dann sogar 1,63%:

Variante 2.1b vs. Variante 1:
Bekäme er im Jahr 4 bereits seine 2,13%, wäre er schon nach 23 Jahren fertig, hätte nur 415.983 an die Bank gezahlt und somit in Summe auch nur 471.677 ausgegeben.
Er könnte darüber hinaus in den verbleibenden 4 Jahren bis zu seinem 60. Geburtstag weitere 76.529 Euro sparen.
Er stünde am Ende also um 144.852 Euro besser da, als mit Variante 1.

Variante 2.2b vs. Variante 1/Variante 2.1b:
Bekäme er im Jahr 9 die 1,63%, wäre er bereits nach 17,5 Jahren fertig und zahlt nur noch 318.200 an die Bank. Inkl. Eigenkapital und Mieten kostet ihn der Spaß in Summe 496.090.
Zusätzlich könnte er in den 3,5 Jahren bis zu seinem seinem 60. Geburtstag weitere 64.040 Euro ansparen.
Er stünde damit schon um 107.950 besser als mit Variante 1 da, allerdings um 36.902 Euro schlechter als mit Variante 2.1b.


Fazit:
Selbst wenn man von 1,63% Zins nach 9 Jahren Ansparen (Variante 2.2b) gegenüber 2,63% nach 3 Jahren Ansparen (Variante 2.1) ausgeht, beträgt der Vorteil nur marginale 34.127 Euro über 30 Jahre!
Die hohen Baupreise fressen einfach zu Viel des Ersparten wieder auf, so dass am Ende trotz niedrigerer Kredit-Zinsen kein spürbarer Vorteil dabei herumkommt.

Ohne das jetzt auch noch zu rechnen, könnte ich mir vorstellen, dass ein ausreichend großes Eigenkapital zu Beginn des Sparens (z.B. durch ein Erbe) die Bilanz deutlich zugunsten des langen Ansparens verändert, aber für den "Otto-Normalo" scheinen sich lange Ansparphasen einfach nicht zu rechnen. Und dabei habe ich jetzt weder Mietsteigerungen, noch das Risiko zukünftig steigender Zinsen berücksichtigt und das Ersparte mit 3% auch noch großzügig verzinst.

Ich glaube aber, dass den meisten hier eigentlich relativ egal ist, was das Abenteuer Eigenheim am Ende gekostet haben wird. Wichtig ist, dass man sich die mtl. Belastung durch die Rate leisten kann und will. Ob man dabei nun schlussendlich Gewinn oder Verlust oder richtig viel Verlust macht, spielt wohl nur eine sehr untergeordnete Rolle. Lebensqualität lässt sich eben nicht monetär darstellen.

Aber wie schon eingangs geschrieben: Korrigiert mich bitte, sollte ich irgendwo einen Bock geschossen haben.
 
lastdrop

lastdrop

Wichtig ist, dass man sich die mtl. Belastung durch die Rate leisten kann und will. Ob man dabei nun schlussendlich Gewinn oder Verlust oder richtig viel Verlust macht, spielt wohl nur eine sehr untergeordnete Rolle. Lebensqualität lässt sich eben nicht monetär darstellen.
Da sehe ich den echten Mehrwert von Eigenkapital drin. Lässt mich besser schlafen dann ...

Auch beim Hausbau rechnet sich nicht immer alles, wird trotzdem regelmäßig gemacht ...
 
V

Vanben

Guest
Deine Anmerkung ist nicht eindeutig zu verstehen.
Worin siehst du den Mehrwert von Eigenkapital? Bezieht sich das auf das Zitat, oder handelt es sich um eine Einleitung zu "Lässt mich besser schlafen"?

Falls Zweiteres gemeint war: Ist es nicht paradox, dass ausgerechnet die für dich deutlich riskantere Variante dich besser schlafen lässt!?

Mal von gänzlich abenteuerlichen Finanzierungen, die von Anfang an schon knapp kalkuliert waren, abgesehen, scheitert eine Finanzierung wohl meist durch Verlust von Arbeitseinkommens (BU, Arbeitslosigkeit, Scheidung). In diesen Fällen spielt es eigentlich keine Rolle, ob man am Ende "nur" 100.000 nicht mehr zurückzahlen kann, oder eben deutlich mehr - die Hütte müsste verkauft werden.

Selbst wenn man das dann nicht in der Zwangsversteigerung enden lässt, bedeutet das wohl fast immer ein Verlustgeschäft, weil natürlich niemand deine bisher angelaufenen Kreditkosten/entgangenen Anlagegewinne mit bezahlen möchte und allzu viel Zeit, um auf einen möglichst großzügigen Käufer zu warten, bleibt dir auch nicht.

Hast du wenig oder gar kein Eigenkapital eingebracht, landest du in der Verbraucherinsolvenz und bist nach 3-6 Jahren schuldenfrei - zu Lasten der Bank.
Hast du nun selbst sehr viel Eigenkapital eingebracht, gehen die Verluste zunächst zu Lasten desselben und mit etwas Glück kommst du bei 0 raus oder stotterst den Rest über die nächsten Jahre noch ab. Mit etwas Pech bleibt dir aber auch hier dann nur noch die Verbraucherinsolvenz, deren schlimmsten Folgen für die Bank du dann aber mit deinem Eigenkapital abgefangen hast.

Dieses Risiko ist der Bank ja bewusst und und sie stellt es in Form höherer Kreditzinsen auch dar. Du kannst mit (mehr) Eigenkapital also natürlich Geld sparen, verlagerst dabei aber eben auch Risiken von der Bank auf dich.
 
Musketier

Musketier

Ich habe deine ganze Rechnung jetzt nicht durchgerechnet, aber 3% sichere Guthabenverzinsung bei Bauzinsen von 2,x% funktioniert einfach nicht.
 
V

Vanben

Guest
Dann denk dir eben eine Guthabenverzinsung von 1%. Das verschlechtert die Erträge langer Ansparphasen, ändert aber am grundsätzlichen Ergebnis der Berechnungen nichts.
 
Zuletzt aktualisiert 25.11.2024
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