Jean-Marc
Wer ein Haus aus den 70ern kauft und dieses energetisch auf Augenhöhe mit heutigen Energieeffizienzhäusern bringen will, der kriegt ja selbst vom Energieberater durch die Blume gesagt, dass er das für sein grünes Gewissen gerne tun kann, aber sich der Spaß finanziell und trotz Förderung nicht rechnen wird. Der Durchschnitt der Wohngebäude in Deutschland hat einen Bedarf von rund 150 kWh/(m2a) und befindet sich in Klasse E (Quelle: Verbraucherzentrale). Das als Maßstab kann man vom Käufer einer Bestandsimmobilie vielleicht gerade noch erwarten, aber ganz sicher nicht den Sprung von der Energieschleuder in die energetische Moderne.Da bin ich nicht ganz deiner Meinung. Die Frage nach dem Wie ist zum Großteil absehbar, Ein Haus aus den 70ern mit 300 kWh/qm in die 2020er zu bringen, was bedeutet das? Das bedeutet: neue Fenster, Fassade dämmen, Kellerdecken und OG Decke. Bei bewohntem Dachgeschoss bedeutet eine Dachdämmung in der Regel Aufdachdämmung und damit eine Neueindeckung, da die alten Sparren zu dünn für Zwischensparrendämmung nach heutigem Standard sind und selten jemand Raumhöhe einbüßen möchte.. All das ist klar, auch ohne irgendwelche konkreten Vorschriften. Den Großteil der Kosten verursachen die Arbeiten an sich. Die Vorschriften machen dann in der Regel nur noch ein paar Zentimeter an der konkreten Dämmstärke aus.
Bislang war die Energiewende-Politik doch eher nebulös. Kaum einer wusste, was für sein Haus die beste Lösung ist, noch was ihn die Maßnahmen in Summe kosten würden. Erst jetzt, wo sich der Nebel lichtet und die Leute den Überblick über die gesetzlichen Anforderungen, den Markt und die technischen Möglichkeiten gewinnen, Gespräche mit Handwerkern führen, sich Angebote einholen etc. fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen, dass sie mit ein paar tausend Euro nicht davonkommen werden. Dementsprechend groß ist der Zorn, wie man auch in den aktuellen Umfragen sehr eindeutig sieht. Zu sagen "Ist doch alles demokratisch gewählt" greift da zu kurz. Als Käufer einer Bestandsimmobilie muss man sich ja fast schon bescheuert vorkommen, dass man für seine damalige Entscheidung pro alter Ortskern und gegen Flächenversiegelung am Ortsrand nun an die Kandare genommen und von einem verlangt wird, dass das Siedlungshäuschen innerhalb der nächsten 10 Jahre energetisch oben mitspielen soll. Gerade in Regionen mit ohnehin niedrigen Immobilienpreisen werden die Banken dafür nicht unendlich viel Geld locker machen.Die Frage nach dem Wann ist ebenso klar zu sehen. Die Politik unterschreibt Abkommen zur Reduktion ab X, das muss dann auch in der Praxis umgesetzt werden. Bei 40 Millionen Wohneinheiten und entsprechendem Anteil unsanierter Altbauten ist vollkommen klar, dass man nicht erst in 15 Jahren damit anfangen kann, wenn man bis 2040, 2045 oder 2050 irgendein bestimmtes Ziel erreichen will.
Die Politik, die diese Abkommen unterschreibt, ist übrigens demokratisch gewählt. Bis auf die AfD stehen alle Parteien grundsätzlich hinter der CO2-Reduktion und in sämtlichen Umfragen spricht sich immer noch eine Mehrheit der Bevölkerung dafür aus. Nur wenn aus dieser Befürwortung dann konkrete Folgen für den Alltag kommen, sind alle dagegen und erzählen sich die Mär von der bösen Politik und dem Befehlsempfänger. Das ist für mich ein klassischer Fall von kognitiver Dissonanz.
Nichts gegen Klimaschutz, aber Vernunft und Verhältnismäßigkeit müssen stets gewahrt bleiben.